Videomagazin AK Kraak

Bewegte Bilder

Hinter dem seltsamen Namen "AK Kraak", das "Tiefseh-Video-Magazin für ferneres und bewegtes Sehen", verbirgt sich weder ein trashiger Spielfilm noch eine Unterwasserdokumentation, sondern ein Videomagazin aus Berlin, das seit 1990 mehr oder weniger regelmäßig zweimal pro Jahr zusammenfaßt, was so abgeht in "der Linken".

Acht Hauptbeiträge, aufgelockert durch Werbung für ein Antirassistisches Sommer-Camp und weitere kurze Sequenzen sammelt die jüngste Folge des Tiefseh-Magazins. Der Untertitel ist durchaus eindeutig, vermittelt der 70minütige Film doch einen authentischen Einblick in die Abgründe der "linken Szene": mit Beiträgen zu ausländischen Putzfrauen, "Zero Tolerance" in New York, zu Geschlechteridentität und zur Welthandelsorganisation WTO.

In "Häuser besetzen und räumen" wissen Besetzer nicht so recht, warum sie sich gerade über ein Haus hergemacht haben. Statt dessen sind sie mit ihren Bierflaschen beschäftigt - bis sie die subversive Aktion wegen eintreffender Polizeibeamten abbrechen müssen. Und zwei Antifas demonstrieren, wie es sich prima ohne eigene politische Inhalte auskommen läßt, solange man den halben Bundesvorstand der NPD auswendig aufzusagen weiß und sich über die neuesten Nazi-Strategien den pubertären Bart fußlig zu quatschen vermag. Die medial inszenierte Selbstdarstellung des Sehens und Gesehenwerdens ist offensichtlich auch identitätstiftendes Element linker Gemeinschaft. So fehlt auch nicht der Dank an jene, "die diesmal vergeblich gehofft haben, sich selbst auf der Leinwand wiederzufinden".

In den ersten Jahren konzentrierte sich das fast nur aus Autodidakten bestehende Videoprojekt auf Hausbesetzungen und Wagenburgen. Dann habe man den Blickwinkel aber auf die "klassischen Themen der Autonomen" erweitert, sehe aber auch das mittlerweile nicht mehr so eng. Dennoch führt die Gruppe ihren Ursprung als Hausbesetzerprojekt weiterhin im Namen; kraaken ist das niederländische Wort für "besetzen". Und AK steht für "Aktuelle Kamera" - in Anlehnung an die DDR-Nachrichtensendung - oder für "Arbeitskreis". Ästhetik spielt eine untergeordnete Rolle. Bestimmte Themen sollen gesetzt, aufgewertet und inhaltlich gefüllt werden. Das ist aber nicht immer einfach. Die "linke Szene" ist nämlich nicht nur eine große Familie, sondern ziemlich heterogen. Die "Fun-Fraktion" und das "kritische Polit-Publikum" lassen sich eben nicht ganz so leicht unter einen Hut bringen. Insbesondere Militanz-Fans kommen zu kurz: Bilder von den alljährlichen Mai-Festspielen und sonstigen Krawall-Events fehlen.

"Eigentlich haben unsere verschiedenen Zielgruppen gar keine gemeinsame Ebene", weiß auch Sybille K. - außer, daß sie halt irgendwie alle "links" seien. Von Judith Butlers Geschlechtsdekonstruktion zeigen sich Teile des Premierenpublikums allerdings wenig begeistert. Schließlich kann die Welt auch einfacher gesehen werden.

Witz und Ironie spielen im Kraak-Konzept eine wichtige Rolle. Erklärtermaßen nimmt man die Protagonisten linker Events nämlich nicht immer ernst. So wird schon mal "Wir sind die Guten" eingeblendet oder das Gejammer einer Interviewten, die Welthandelsorganisation WTO habe sich bereits zur "heimlichen Weltregierung" entwickelt, mit gespieltem Entsetzen kommentiert. Bisher auf Berlin beschränkt, soll die bundesweite Szene in die linke Video-Gemeinschaft eingebunden werden.

"AK Kraak" Nr. 17 kostet 40 Mark. AK Kraak, Torstraße 216, 10115 Berlin