Kosovo-Rebellen ohne politischen Arm

Zu schweren Gefechten kam es am Wochenende im südlichen Kosovo. Nach eigenen Angaben hat die jugoslawische Armee etwa 1 000 bewaffnete Albaner abgefangen, die aus Albanien in den Kosovo eindringen wollten. Bis zu 120 Albaner seien dabei getötet worden. Tirana protestierte dagegen, daß Granaten der jugoslawischen Armee weit in albanischem Hoheitsgebiet eingeschlagen seien und forderte die Nato zu "außerordentlichen Maßnahmen" auf. Zu Kämpfen kam es auch nordwestlich von Prizren, die Zibvilbevölkerung floh teils in diese Stadt, teils in die Berge nach Malisevo, einer Hochburg der "Befreiungsarmee Kosovo" (UCK).

Zuvor beschlagnahmten 30 bewaffnete Beamte am Donnerstag vergangener Woche in Pristina Unterlagen der größten albanischen Partei im Kosovo. In der Parteizentrale des selbsternannten Kosovo-Präsidenten Ibrahim Rugova war das im März gewählte, international aber nicht anerkannte Parlament zu seiner konstituierenden Sitzung zusammengekommen. Die Polizisten verlangten die sofortige Auflösung der "illegalen Versammlung" und die Herausgabe aller Akten. Mit dem Zusammentreten des Parlaments wollte Rugova seinem Machtanspruch neue Legitimität verschaffen. Denn obwohl die ersten Parlaments- und Präsidentenwahlen im Kosovo bereits 1992 abgehalten wurden, gab es bisher keine Sitzungen des Parlaments - Rugova ernannte die Mitglieder seiner Regierung. Mit der zweimaligen Verschiebung der darauffolgenden Wahlen und der Zuspitzung der Situation im Kosovo durch das Auftreten der "Befreiungsarmee" (UCK) lösten sich im Frühjahr Teile der LDK-Führung von Rugova. Im Parlament in Pristina sitzen folglich nur Rugova-treue LDK-Mitglieder (96 von 130 Sitzen) und kleinere Splitterparteien.

Die maßgeblichen Oppositionsparteien hatten die März-Wahlen boykottiert und sprechen - wie die UCK - dem neuen Parlament die Legitimität ab. Der Streit um die politische Vertretung der bewaffneten UCK-Separatisten hat damit eine neue Stufe erreicht: Ein UCK-Sprecher bezeichnete Rugova als "Verräter" und forderte die Einsetzung eines "Nationalrates" unter Beteiligung aller relevanten Gruppen, einschließlich der UCK.