Alternative Lebensformen

Panzer und so

Am Sonnabend hat man meistens keinen Termin vor acht Uhr, danach unternimmt man besser auch nichts, weil die ganze Stadt dann voll ist mit Leuten, die sich für den Samstagabend etwas vorgenommen haben. Die treffen sich mit anderen Leuten in Cafés und Kneipen und füllen den Samstagabend so gut es geht mit Gesprächen über die Zeit, in der man sich nicht gesehen hat. Später geht man ins Kino, guckt Brad Pitt, schaut in Clubs vorbei, trinkt teure Getränke und raucht so dahin oder nicht. Alles in allem geht man gut informiert, was so verschiedene Dinge angeht wie "Aha, ich bin die Woche über nicht anders geworden", "Ach, der spielt da mit" und "Na, sich so anzuziehen ist wohl erst in ein paar Monaten akzeptabel", nach Hause.

Besser ist Fernsehen. Noch besser: den ganzen Samstag bis tief in den Sonntag. Weil fernsehen aber auf die Dauer doof macht, bin ich vor kurzem an besagtem Tag in das Verkehrsmuseum gegangen. Ich erwartete Panzer, Braunkohlebagger, Flugzeugträger, nicht aber Raumstationen oder so etwas Langweiliges. Egal. Die Panzer waren nicht da, nur ein abgeschossenes, zerdeppertes Flugzeug. Flugzeuge sind nun wirklich langweilig. Panzer dagegen faszinierend.

Aber es wurde noch schlimmer. Die Frage: "Wie macht man eigentlich Papier?" wird von den Machern der Ausstellung wohl als die bestimmende Frage des ausgehenden Jahrtausends angesehen. Oder: "Wie hat man damals eigentlich, als es Kaufhäuser noch nicht gab, Kleider hergestellt?" Das machte mich zappelig. Wenn fünfzig Tonnen Stahl mit fünfzig Stundenkilometern durch die Heide brettern: Das ist sehenswert. Aber nein: alte Rundfunkgeräte! die ersten Fahrräder!

In einer Ausstellungshalle, da, wo die alten Züge so stehen, als sei man stolz auf sie, hatten sich die Freaks der Freaks versammelt, um sich und den dreizehn Besuchern ihre kleinen rauchenden Dampfmaschinen vorzuführen. Jeder saß also hinter seinem Piff-Puff-Piff-Liebling, hatte sich Kaffee und Selters mitgebracht und putzte nun an Details vor sich hin, legte kleine Holzstücke nach, tat also geschäftig, augenscheinlich mit der Hoffnung, das Leben könnte doch immer so sein und jemand würde Interesse bekunden an einer kleinen Erklärung, wie denn so eine Technik überhaupt funktioniert, wo man denn dieses und jenes ergattert habe und so weiter.

In der Zionskirche am Abend, der letzten Station für mich vor dem "Aktuellen Sportstudio", wo - das machte alles noch schlimmer - Skiabfahrtrennensuperwasweißich Thema Nummer eins war, hatten Künstler (!) getan, was Künstler so tun. Gekommen waren Bürgerrechtler und Freunde. Jemand spielte auf allen möglichen Instrumenten den Untergang der Titanic nach. Meine Güte.