Keynes statt Westerwelle

Unterschrift verweigert: US-Präsident William Clinton hat am Donnerstag vergangener Woche von seinem Vetorecht Gebrauch gemacht. Das Objekt seiner Mißbilligung war ein Gesetzentwurf der Republikanischen Partei, der Steuersenkungen in einer Gesamthöhe von 792 Milliarden US-Dollar vorsah. Die Republikaner wollten auf diese Weise den Haushaltsüberschuß - in den USA gibt's den wirklich - abbauen. Clinton aber will den Überschuß verwenden, die Staatsschulden, die sich im Moment auf 3,6 Billionen Dollar belaufen, zu senken. Im Lauf der nächsten zehn Jahre könnte die Staatsverschuldung damit auf deutlich unter eine Billion Dollar reduziert werden - womit, so ein Sprecher des Weißen Hauses gegenüber der Washington Post, die medizinische Altersvorsorge (Medicare) und die Renten von Staatsbediensteten bis ins nächste Jahrtausend gesichert wären.

Ein weiteres Motiv für Clintons Veto sind die Kongreßwahlen im nächsten Jahr: Wie jüngste Umfragen zeigen, sind Steuersenkungen momentan kein wichtiges Thema. Wenn die Republikaner Clintons Kompromißangebot einer Steuersenkung von insgesamt 300 Milliarden Dollar - deren Hauptprofiteur die Mittelschicht wäre - nicht annehmen, müßten sie sich im Kongreßwahlkampf den Vorwurf gefallen lassen, ihre Mehrheit im Kongreß lediglich für eine Blockadepolitik genutzt zu haben.