n-tv treibt's noch bunter

Wirtschaft für die Männer

Die Nato hat doch recht: Der Krieg auf dem Balkan war ein voller Erfolg. Milosevic herrscht zwar weiterhin über Jugoslawien, und die UCK ist mit der ihr zugedachten Rolle auch nicht zufrieden, aber egal. Erfolg kann schließlich jeder messen, wie es ihm beliebt.

Für Fernsehprogramme zählt bekanntlich nur die Quote. Beim Nachrichtensender n-tv ist das nicht anders. Und deswegen war der Krieg gegen Jugoslawien so ziemlich das Beste, was dem Sender passieren konnte. Bis zu zehn Millionen Zuschauer zappten zur n-tv-Berichterstattung, um den ersten bundesdeutschen Kriegseinsatz medial mitzuerleben - etwa doppelt soviel wie sonst.

Der Balkan-Krieg war damit der absolute Quoten-Hit in der Geschichte des fast sieben Jahre alten Senders - und lag vor dem letzten Rennen von Lady Diana, der kleinen Kursverfehlung eines ICE bei Eschede oder dem Beginn des Low-level-Krieges gegen den Irak. Nach solchen Spitzenevents bleiben die Zuschauerzahlen sogar auf leicht höherem Niveau als zuvor. Und so gibt sich Geschäftsführer Kenneth Jautz - einst beim US-Sender CNN tätig, dem fast die Hälfte der Gesellschafteranteile gehört - optimistisch, daß dieses Jahr zum zweiten Mal ein Überschuß erwirtschaftet wird. Zehn Millionen Mark schätzungsweise. Im vergangenen Jahr waren es gerade einmal 60 000 Mark.

Der Grund für die schwarzen Zahlen: Das Werbegeschäft blüht. Zwar dürfte kaum ein anderer Sender die Zuschauer mit ähnlich schlechten wie öden Werbeblöcken plagen, aber immerhin bringt es Geld: Banken, Versicherungen, Direktbroker, Börsenneulinge und mehr oder weniger windige Anlageberater wenden sich ans n-tv-Publikum. Der Sender wird ja nicht von irgendwem geguckt: Zwei Drittel der Zuschauer sind Männer, drei Fünftel haben Abitur oder Hochschulabschluß und mehr als jeder dritte Zuschauer verdient im Monat über 5 000 Mark.

Ein ideales Werbeumfeld. Und so informiert der Bildschirmscroll das Publikum auch während der Liveschaltung ins Erdbebengebiet oder der Bilder von Leichen in Ost-Timor über die aktuellen Finanzdaten. Ob die Leute wegen der Nachrichten oder des Laufbandes zuschauen, ist ja auch egal. Hauptsache, sie zappen die Werbung nicht weg.

Seit Wochenbeginn ist alles noch viel besser. Für Eilmeldungen hat

n-tv einen zweiten Scroll und bringt noch mehr Wirtschaft. Hartnäckig bleibt das Spartenprogramm für den Börseninteressierten mit einer Einschaltquote von 0,8 Prozent bei der Bezeichnung "Nachrichten-Sender". Und übernimmt von der Mutteranstalt CNN die Idee der breaking news direkt aus dem Redaktionsraum: Per Knopfdruck kann nun jeder Moderator, Redakteur, Buchhalter, Praktikant oder Hausmeister sofort live auf Sendung gehen.

Mit solchen Neuerungen bereitet man sich auf drohende Konkurrenz vor. Denn Pro 7 will ab 1. Januar 2000 ebenfalls einen Nachrichtensender anbieten und n-tv die wenigen Zuschauer klauen. Dagegen hilft nur eine Imageaufbesserung: "Aktueller, schneller, farbiger" ist das Programm seit Montag angeblich. Mit 3-D-Bildchen aus dem Computer und einem farbenfrohen Studiohintergrund, der sich "analog zur Tageszeit" verändert: morgens gelb, mittags orange, abends rot, nachts blau.