Die Zeitschrift Filmkritik

Das Zentralkomitee der Politik des Sehens

Für den Film als Exempel und Aufgabe! Gegen die Autonomie des Kunstwerks! Die Autoren der Filmkritik setzten für einen kurzen historischen Moment Maßstäbe. Die Geschichte eines nicht vollendeten Projekts

Wir wollen es mit Walter Benjamin halten: Das Publikum muss stets unrecht erhalten und sich doch durch den Kritiker vertreten fühlen.« Die jungen Männer, die ihre Arbeit 1957 mit diesem verwegenen Bekenntnis begonnen hatten, waren hauptsächlich abgebrochene Akademiker. Sie setzten sich vom Feuilleton der Adenauer-Zeit, wie es von einem Starschreiber wie Gunter Groll selbstzufrieden verkörpert wurde, entschlossen ab.

Dessen Credo »Der Kritiker sage das Schwere leicht« wurde in einer vernichtenden Besprechung seiner Bücher destruiert: Vielmehr sei das Notwendige unmissverständlich zu sagen. »Was keineswegs heißt, die Lust am Schreiben und Lesen aus der Kritik zu vertreiben; nur soll sich diese, statt aus den sich verselbständigenden Formulierungen, aus der Freude am Erkennen speisen. Gerade die Kritik müsste Brechts 'Lust unseres Zeitalters' hervorrufen, alles so zu begreifen, dass wir eingreifen können.«

»Gibt es eine linke Kritik?« - so war eine Selbstvergewisserung überschrieben, die 1961 in der Filmkritik erschien, verfasst von den beiden Gründern der Zeitschrift, Enno Patalas und Wilfried Berghahn. Was sie überwinden wollten, listeten sie sorgfältig auf: »Die herkömmliche, alte Kritik: identifiziert sich mit dem Film (...), betrachtet den Film als Erlebnis (...), als autonomes Kunstwerk, sieht die Form als selbständige Qualität, steht außerkünstlerischen Intentionen indifferent gegenüber, hält das Publikum für verständnislos, betrachtet die Filmindustrie nur als Traumfabrik (...), zeichnet die Intentionen des Regisseurs nach, verlangt den 'unabhängigen' Regisseur, sieht nur das Resultat, kritisiert nur den Film.«

Die neue Kritik dagegen »steht dem Film fordernd gegenüber, betrachtet den Film als Aufgabe, verlangt vom Film ein Exempel, verweist auf die Geschichte des Films, betrachtet den Film als Ausdruck der Zeitströmungen (...), sieht die Form als einen Aspekt der Aussage, fragt nach außerkünstlerischen Absichten und Wirkungen (...), hält das Publikum für unverstanden, fragt welche Beschaffenheit die Träume zeigen (...), fahndet nach latenten Aussagen, deckt die Denkgewohnheiten des Regisseurs auf, hofft auf den seiner gesellschaftlichen Lage bewussten Film, sieht auch die Produktionsbedingungen, kritisiert die Gesellschaft, aus der der Film hervorgeht.«

Die Zeitschrift Filmkritik sagte mit ihrem Namen deutlich, dass es das zur Zeit ihrer Gründung in Deutschland nicht gab. Klaus Theweleit bezeichnete den Ort, von dem aus die Filmkritik damals agierte, als »Exil«. Die Autoren fühlten sich den Theoretikern verbunden, die der Nationalsozialismus vertrieben hatte, insbesondere Siegfried Kracauer und Lotte Eisner. Im zweiten Heft wurde das Kulturindustrie-Kapitel von Horkheimer und Adorno aus der »Dialektik der Aufklärung« abgedruckt. Von der Film-Klub-Bewegung, die das Kino entpolitisierte und als »Kulturgut« pflegte, distanzierte sich die Filmkritik.

Die Zeitschrift, die eine Punktetabelle mit dem Hinweis »Die Wertungen verstehen sich für Filmbesucher mit reifem Urteil« führte, hatte sich einer Politik des Sehens verschrieben. Enno Patalas, mit dem ich über die Pionierzeit der Filmkritik sprach, erzählte mir, dass er in dieser Zeit einmal mit dem Nachtbus nach Paris gereist war, um dort dreimal hintereinander Jean-Luc Godards »A bout de souffle« zu sehen, und gleich wieder nach Hause fuhr, um darüber zu schreiben.

Zum Drehkreuz in der Geschichte des »Zentralorgans des jungen, harten Denkens« (Rainald Goetz) wurde in den sechziger Jahren eine Auseinandersetzung, die unter der Signatur »ästhetische Linke versus politische Linke« berühmt wurde. Die Spaltung der Redaktion resultierte aus den unterschiedlichen Reaktionen auf die Filme der Nouvelle Vague. »Für die 'Politischen' waren die Nouvelle Vague-Filme zu privat, zu unpolitisch, die anderen sahen gerade im Ästhetischen das Politische«, sagt der ehemalige Filmkritik-Autor Peter Nau.

Patalas erinnert sich, wie Berghahn aus Paris zurückkam, wo er »Les Carabiniers« gesehen hatte und zu ihm und Frieda Grafe sagte: »Nun werdet ihr das auch einsehen!« Einsehen, dass Godard ein Nichtskönner sei. Doch seine Nacherzählung des Films löste bei den Anhängern der Nouvelle Vague nur noch größere Begeisterung und eine weitere Studiosus-Fahrt nach Paris aus. Als sich die Fraktionen herausbildeten, war Patalas' unbeachteter Vorschlag zur Güte gewesen, die Positionen immer abzuwechseln, ein Heft »Kain« und ein Heft »Abel« zu produzieren. Patalas verließ die Filmkritik und übernahm 1972 das Münchner Filmmuseum.

»Ein Film, auf den wir warten« - lautete eine Bildunterschrift; sie könnte auch als Überschrift über dem zweiten Kapitel in der Geschichte der Filmkritik stehen. In den Mitte der sechziger Jahre erschienenen Texten ging es verstärkt um die Filme, die noch zu machen sind, um die Zukunft des Films, um den Film, den ein Regisseur nicht realisiert hatte, der aber in dem Film, den er produziert hatte, enthalten war. Für mich steht Helmut Färber für diese zweite Phase, im Interview ist er aber unwillig, über das, was für ihn Vergangenheit ist, zu sprechen. Wie viele andere Autoren der Filmkritik hat er das, was vorher in der Zeitschrift geschah, in seiner weiteren Arbeit, mit der er sich selbst beauftragte, umgesetzt.

Exemplarisch für die Umbruchszeit ist Färbers Kritik zu Michelangelo Antonionis »Rote Wüste«: »So konsequent hat Antonioni seine bisherigen Filme fortgesetzt, dass er mit ihnen gebrochen hat. Neue Regionen aber sind sichtbar geworden nur als unbekannte. Antonioni hat gewagt, einen Film zu machen, der fast nicht zu machen ist. In welchem Maß die Beziehungen brüchig sind zwischen Realität und ihrer kritisch ästhetischen Darsteller, ist jetzt nicht mehr zu übersehen. Der Kritik erwächst die Aufgabe, sich mehr mit den Filmen zu befassen, die es noch nicht gibt.«

Peter Nau hatte mir gesagt, dass »Summer in the City« von Wim Wenders eine Art Schlüsselfilm für das Biotop Filmkritik gewesen sei. Wenders' Hochschul-Abschlussfilm von 1970 bringt tatsächlich vieles auf den Punkt, angefangen mit der Kinderironie des Titels für den winterlichen Film in Schwarz/Weiß über einen gerade aus dem Gefängnis entlassenen Mann.

Essentials der Filmkritik werden in diesem Film zitiert, es geht um Regisseure der humanistischen Traditionslinie (John Ford), die Nouvelle Vague (Godard), Lieblingsmusik (Kinks, Loving Spoonful), Literatur (Thomas Bernhard), um Freundschaften, Umgangsformen und um die Stützpunkte der Filmkritik (München, Berlin). Die Titelfigur spielt Hanns Zischler, Filmkritik-Autor wie Helmut Färber, der ebenfalls mitspielt und im Film John Fords »Three Godfathers« nacherzählt. Anschließend gehen beide Männer zusammen ins Kino, um sich Godards »Alphaville« anzusehen. In dem Ausschnitt, den wir davon sehen, sagt die Stimme von Lemmy Caution: »Es ist immer so, man versteht nie etwas, eines Abends endet es damit, dass man daran stirbt.« Dieser Satz scheint zugleich die anfängliche Verstörung zu beschreiben, die von Godards Filmen ausging.

Wim Wenders schrieb zwischen 1969 und 1971 für die Filmkritik, um dann irgendwann mit der Reisekasse der »ästhetischen Linken« zu verschwinden - »Bis ans Ende der Welt«. Zunächst aber bemühte er sich zu verstehen, wie die Filmindustrie funktioniert, bevor er seine eigenen Erfahrungen machte und sie in seinen Filmen verarbeitete.

Im »Kritischen Kalender«, einer Rubrik, in der die Neuerscheinungen besprochen wurden, erschien im Dezember 1969 die Nacherzählung einer »Peanuts«-Geschichte von Wenders: Violet und Charlie Brown sehen in die Ferne. »Violet sagt: 'The subject is closed, Charlie Brown!' Sie wendet sich ihm zu. 'It simply goes without saying that you are an inferior human being!' Violet geht aus dem Bild. Charlie Brown ruft ihr betroffen nach: 'If it goes without saying, why did you have to say it?' Charlie Brown hat die Filmindustrie begriffen. Gleichzeitig zeigt er, dass der 'Kritische Kalender' eine überflüssige Sache ist, wenn er den Kritiker dazu bringt, von Filmen zu reden, die nicht der Rede wert sind: solche, die sich offensichtlich selbst zum Kotzen finden.«

Wenders entledigt sich dieser Aufgabe im Fall von »Das Schloß in den Ardennen« mit wenigen Bemerkungen wie dieser: »Das ist ein Film für taubstumme Kriegsblinde.«

So angefangen, erschien diese Arbeit sinnlos. 1970 wurde die Filmkritiker Kooperative gegründet. Nau: »Ziel war, die Arbeitsteilung zu überwinden und alles selbst zu machen. Die Heftgestaltung folgte dem Leitsatz, dass eine Zeitschrift, die von Ästhetik handelt, das auch äußerlich widerspiegeln musste.« Mit Hartmut Bitomski und Harun Farocki kamen zwei politische Filmemacher in die Redaktion. Es begann eine andere Zeitrechnung, der Monatsrhythmus war nur noch eine Erscheinensweise, eine Punkte-Tabelle entfiel.

Nach und nach entwickelte sich die Zeitschrift zum Themenheft. Zu »Vertigo - Aus dem Reich der Toten« etwa gab es ein ganzes Heft - nicht nur aus Anlass von Hitchcocks Tod 1980, der in diesem Fall sein Gutes hatte, denn dadurch endete die Aufführungssperre für den Film. Hitchcock war einer der Hollywood-Regisseure, die von Cahiers du Cinéma - dem französischen Vorbild der Filmkritik - als »Autor« entdeckt worden waren. Das populärste Buch, das davon zeugt, ist François Truffauts Interview-Marathon »Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?«. Übersetzt wurde es - wie auch andere wichtige Filmliteratur - von Frieda Grafe und Patalas. Auch hinsichtlich des Imports cinematografischer Texte und Diskussionen aus dem Ausland war die Filmkritik einflussreich.

Zur Kino-Realität setzte man sich nun anders ins Verhältnis. Ein Heft widmete sich mit Vor-Ort-Berichten vom Wochenende des 27. und 28. September 1975 allein dem Tatort, in diesem Fall den Münchner Spielstätten. Die Mitarbeiter waren ausgezogen, sich allem auszusetzen und alles zu beschreiben, was zum Kinobesuch dazugehört, also auch den Weg zum Kino, die Kinokasse und die Betreiber, die Werbung, den Vorfilm und das Publikum.

»Dieser Eindruck wurde noch dadurch verstärkt, dass BMW-fahrende Pärchen versuchten, mich umzubringen, wie es in München üblich ist.« (Farocki)

»Es ist langer Samstag. Die Fußgängerzone ist von Menschen überfüllt (...) eine Kundgebung der KPD vor dem Rathaus (...).Nur wenige der Vorbeigehenden bleiben (...) stehen. Einige machen sogar einen Bogen. Die Teilnehmer singen die Internationale, aber so lahm (...) habe ich dieses Lied noch nie gesungen gehört.« (Rudy Tjicho)

»Diese Glasscheibe mit den zwei Öffnungen (...) für die Worte und für das Geld (...) mehr wäre anscheinend unhygienisch (...). Überall die gleiche Einschätzung des Publikums. Daher auch diese Absicherung. Man findet das sonst nur bei Fahrkartenschaltern und Geldschaltern in der Bank, das Misstrauen, mit dem den Kunden begegnet wird. Natürlich auch inspiriert vom schlechten Gewissen der jeweiligen Branche.« (Bitomski)

»Übereinstimmend klagen die Besitzer über die großen Uraufführungskinos in der Stadt, die ihnen das 'Geschäft' verderben. Auf die Frage, ob es nicht besser wäre, wenn sie sich zusammentun würden, (...) schauen alle nur beiseite.« (Franz-Josef Knape)

»Wie in allen SKC-Kinos fängt die Vorstellung bereits vor dem ausgedruckten Beginn an, überall die Dupont-Werbung. Dieses Mal auch Camel. 30cm sind unten vom Bild weg. Der Ton ist dumpf. Der Projektor steht in einer Ecke des Raumes. Man hat versucht, dies durch Schrägstellen der Leinwand auszugleichen, aber die Sitzreihen hat man dem nicht angepasst. Außerdem nützt das wenig, wenn der Vorführer sich nur gelegentlich um die Schärfe kümmert. Es gab einen Vorfilm: ein Zeichentrickfilm, in dem ein Männlein das Großstadtleben satt hat und 'in die Natur' will. Ich weiß nicht, der wievielte zu diesem Thema.« (Jürgen Römhild)

»Am Sonntagnachmittag (...) gehe ich mit 5 ca. 16jährigen Lehrlingen (...) in 'Ben Hur'. Bis auf zwei kennen sie den Film schon, wollen ihn aber vor allem wegen dem Wagenrennen noch mal sehen.«(Gloria Behrens)

»Zu Beginn des Films ist das Kino zum Drittel besetzt, kaum jemand über 30, Pärchen und Gruppen Jugendlicher. Bei der Marlboro-Cowboy-Reklame wird gelacht, die beeindruckt niemand, der nicht allein ins Kino geht.«(Rainer Gansera)

Es werden auch Autokinos, das Filmmuseum (schwer zu finden), US-Army-Kinos (man braucht Beziehungen) und Pornokinos inspiziert: »Barbarella, Feilitzschstr. 7 (...) 2 Räume mit Vorführungen, jeder ca. 90 Plätze, Eintritt 12,-DM inkl. 2 Whisky; Vorstellungen ab 12 stündlich alternierend. Der Besitzer möchte nicht, dass über dieses sein Kino (...) außer den Anfangszeiten etwas in der Presse erscheint . Zumindest bis zum Entscheid des Bundesverfassungsgerichts (und danach vielleicht gerade) könne dies als verbotene Werbung missgedeutet werden - er führt das Beispiel der PAM-Besitzerin an, wo 'Deep Throat' beschlagnahmt worden sei, als es in einer Anzeige 'endlich' hieß.« (Paul B. Kleiser). Auch vom Kinosterben berichtet ein Text, »München vor 10 Jahren - Kinos, die es nicht mehr gibt«. (Nau)

Nicht zuständig dagegen fühlte sich die Filmkritik für den »Neuen Deutschen Film«. Anlässlich des Kompilationsfilms »Deutschland im Herbst«, 1978, schrieb Wolf-Eckart Bühler, dieser Film sei »im Gegensatz zu den üblichen Produkten des 'Neuen Deutschen Films', den es überhaupt nicht gibt, gar nicht so einfach zu übersehen, totzuschweigen, zu vergessen. (Eine Haltung, die die Filmkritik, ich gestehe, - ich gestehe - gar zu übertreibt.)« Doch mit dieser Einschätzung stand er wohl allein.

Bühlers Text findet sich in der Ausgabe vom Mai 1978, die sich hauptsächlich an Hollywood abarbeitet. Auf dem Cover steht »Mist. Lügen. Ersatz.«, darüber das Foto einer Schweineschnauze, und darunter der Text: »Es sind Filme aus einer Industrie, die nicht mehr eine Film-Industrie ist, sondern eine, die Filme als eines ihrer Nebenprodukte herstellt. Filme, die nicht mehr ein Geschäft sind, sondern ein Nebengeschäft. Wer behauptet, und das ist jahrzehntelang getan worden, das Kino aus Hollywood sei eine Geschäftemacherei mit Gefühlen gewesen, der müsste sich heute im Kino wohler fühlen denn je. Weil das Kino, das jetzt aus Hollywood kommt, eine Gefühlemacherei mit Geschäften ist.« (Bitomsky/Hofmann)

Im selben Jahr findet sich dann doch eine Möglichkeit, den »Neuen Deutschen Film« anhand eines Exemplars zum Titelthema zu machen, Helmut Costards »Der kleine Godard«, ein Film, der einerseits den deutschen Film und das Fördersystem analysiert, gleichzeitig durch inszenierte eigene Antragstellung und dokumentierte Arbeitsprobleme beanspruchen könnte, ein »Neuer Deutscher Film« zu sein. Godard taucht darin auf mit einem Filmprojekt »Ist es möglich, heute in Deutschland Filme zu machen?«, - eine Frage, die die Filmkritik immer wieder stellte und öfter verneinte als bejahte.

»Weil gegen Ende immer mehr Themenhefte von einzelnen gemacht wurden«, meint Nau, » setzte sich die Spaltung bis ins Individuum schließlich vollends durch. Das Missionarische der Anfangszeit war dahin. Film war längst zum Kulturgut avanciert, an den Universitäten heimisch geworden.«

Ähnlich wie musikverrückte Jungs, die detailbesessen Wissen zusammentragen, steckten in der Filmkritik ausschließlich Männer unter sich die Gebiete ab, auf denen sie zu Spezialisten wurden. Frieda Grafe blieb das einsame Gegenbeispiel, das keine Schule machte. Aus der Spätphase bleibt Susanne Röckl noch in Erinnerung, doch kam sie von der Literatur und ging wieder dahin zurück. Auch die Leser waren hauptsächlich junge Männer, was sich heute an den alten Adressenaufklebern auf den Heften, die im Antiquariat gelandet sind und von der nächsten Generation Jungs gekauft wurden, ablesen lässt. Im März-Heft 1976 versuchen die Heftmacher offenbar, eine Schuld abzutragen. Für den Titel »die bilder der frauen & die herrschaft der männer« überließen sie den Frauen das Feld, Frieda Grafe, die zu dieser Zeit nicht mehr im Team war, hatte in dieser Nummer noch mal einen Gastauftritt.

Der Desillusionierung auf der einen Seite entsprach die Kanonisierung auf der anderen Seite: Sie betraf zum Beispiel die Filme von Jean-Marie Straub und Daniele Huillet. Das Heft zu deren Film »Klassenverhältnisse« schließt auch, passend, 1984 die Arbeit der Filmkritik ab.

Auf einer Podiumsdiskusssion in Wien, so erzählt Peter Nau, habe Wolf Eckart Bühler zu den hollywood ten kein Wort gesagt. Dabei stellten die hollywood ten genannten Regisseure, die sich geweigert hatten, vor dem Ausschuss zur Bekämpfung unamerikanischer Umtriebe auszusagen, ein wichtiges Bezugssystem für die Filmkritik dar. Zur Weigerung Bühlers, das Thema zu diskutieren, meint Nau: »Das erinnert mich daran, dass er die Film-Punktetabelle durch eine Whiskytabelle ablöste. Und einmal gab er dem Boxer Prinz von Homburg dafür 4 Punkte, die Höchstnote, dass der in einer Fernseh-Talkshow kein Wort sagte. Vielleicht ist also das letzte Wort der Filmkritik ihr Verstummen?«