Spanien: Verbot der Batasuna

In schlechter Verfassung

Es ist ein Reflex. Ein dummer, linker Reflex: Das Verbot einer Partei ist grundsätzlich undemokratisch und deswegen abzulehnen. Was ist aber, wenn die verbotene Partei alles andere als demokratisch ist, sondern fanatisch, nationalistisch, verrückt oder gleich alles auf einmal? Dann helfen dumme Reflexe weniger denn je. Denn dann gilt es abzuwägen.

Im spanischen Parlament freilich nimmt man es mit der Abwägung nicht so ernst. Erst recht nicht, wenn es gegen Organisationen geht, die sich für ein unabhängiges Baskenland einsetzen, wie beispielsweise die Partei Batasuna. Den bekennenden Separatisten soll es nun an den Kragen gehen. Von einem Sonderermittler wird Batasuna für die Randale in baskischen Städten verantwortlich gemacht und zur Kasse gebeten. Gleichzeitig läuft ein formales Verbotsverfahren, das auf einer erst vor zwei Monaten eingeführten Gesetzesneuerung basiert. Parteien, die Terroraktionen nicht ausdrücklich ablehnen, sollen per Parlamentsbeschluss illegalisiert werden können.

Zweifellos ist die Batasuna eine solche Partei. Die Aktionen der bewaffneten Separatistenorganisation Eta werden von den Parteifunktionären nicht nur stillschweigend zur Kenntnis genommen, sondern teilweise auch mit offener Schadenfreude kommentiert. Die Bombenanschläge auf eine Bushaltestelle, ein Burger-Restaurant und an den Mittelmeerstränden in ostspanischen Touristenorten bildeten für Batasuna keine Ausnahme. Trifft es Spanier oder Ausländer, ist es der Partei herzlich egal. Das Recht auf Unversehrtheit genießt in ihren Augen offenbar nur, wer Baske ist.

Diese Anschauung ist zweifellos alles andere als sympathisch. Ob das aber ein Parteiverbot rechtfertigt, ist eine andere Frage, eine juristische. In der spanischen Verfassung, die nach dem Ende der Franco-Herrschaft entstand, ist eine solche Maßnahme jedenfalls nicht vorgesehen. Selbst wenn sich eine Partei gegen die Verfassung richtet, so argumentiert der Verfassungsrechtler Javier Pérez Royo in der Tageszeitung El País, kann sie nicht verboten werden.

Das am Montag auf Beschluss des Parlaments eingeleitete Verbotsverfahren bringt am Ende wahrscheinlich ohnehin nichts, außer Publicity für Batasuna. Selbst wenn das Verbot eine Verfassungsklage überstehen würde, können die Abgeordneten der Partei ihre Mandate im zentralspanischen, im baskischen und in zahlreichen Stadtparlamenten weiterhin wahrnehmen.

Und natürlich könnten sie auch einer neuen Partei beitreten, die sich genauso wenig von den Aktionen der Eta distanziert. Wähler kostet das nicht, und den neuen Namen bekannt zu machen, können die baskischen Separatisten getrost den sonst so verhassten spanischen Medien überlassen. Die Aufregung in der spanischen Öffentlichkeit wäre groß, ein Stimmenanteil in Höhe der üblichen zwölf bis 15 Prozent im Baskenland so gut wie sicher.

Dann wäre alles wieder beim Alten. Und das Spielchen könnte erneut beginnen - nach dem nächsten Anschlag der Eta, die bereits weitere Aktionen ankündigte und die Sicherheitsbehörden in ganz Spanien in höchste Alarmbereitschaft versetzte. Separatismus und nationaler Wahn lassen sich eben nicht einfach so verbieten. Dumme Reflexe leider auch nicht.