Balance gehalten

ANC-Kongress in Südafrika
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Entgegen den Hoffungen der südafrikanischen Medien kam es auf dem Parteitag des ANC zu keiner »Schlacht um die Seele der Partei«, da alle Beteiligten versuchten, die in den letzten Monaten teilweise heftigen Auseinandersetzungen herunterzuspielen. Die 3 000 Delegierten des am 20. Dezember beendeten Treffens hielten sich weitgehend an die Vorgaben der Parteiführung und wählten deren Wunschkandidaten, darunter auch einige Kommunisten und Gewerkschafter, ins National Executive Committee (NEC).

Doch auch wenn weiterhin prominente Kritiker der konservativen Wirtschafts- und Sozialpolitik der Regierung wie Blade Nzimande und Jeremy Cronin, Mitglieder der mit dem ANC verbündeten Kommunistischen Partei (SACP), im wichtigsten ANC-Gremium sitzen werden, wird sich an den Grundstrukturen der Regierungspolitik nichts ändern.

Die meisten Stimmen bei der Wahl zum NEC erhielt Finanzminister Trevor Manuel, der für die Austeritätspolitik der Regierung verantwortlich ist. Damit gaben die Delegierten ein eindeutiges Zeichen der Unterstützung für Thabo Mbeki, der eine investorenfreundliche Politik der von den Gewerkschaften und den Kommunisten propagierten staatlichen Intervention vorzieht. ANC-Präsident Mbeki war wie der Rest der Führung bereits zum Beginn der Konferenz im Amt bestätigt worden.

Ein zufriedener Mbeki konnte in seiner Abschlussrede feststellen, dass der ANC Einigkeit demonstriert hatte, ließ es sich aber nicht nehmen, noch einmal gegen seine linken Kritiker auszuholen: »Unsere Bewegung wird strikt gegen diejenigen vorgehen müssen, die gehandelt haben, um unsere Bewegung zu spalten, selbst wenn sie unter uns saßen und ANC-T-Shirts trugen.« Er meinte offensichtlich einige unabhängige Nominierungen aus Gewerkschaftskreisen, die aber alle erfolglos blieben oder bereits vor der Wahl zurückgezogen wurden.

In einigen Bereichen kam die Parteiführung ihren Kritikern jedoch entgegen. Die vom Gewerkschaftsbund Cosatu und den Kirchen propagierte Sozialhilfe soll erneut diskutiert werden, obwohl das alte NEC die Idee bereits abgelehnt hatte. Und auch in der Aidspolitik kam der Parteitag zu neuen Beschlüssen. Nach Jahren staatlicher Ignoranz gegenüber dem Problem und harten Auseinandersetzungen zwischen Aktivisten, Medien und insbesondere Präsident Mbeki soll die Bekämpfung von HIV/Aids nun eine dominante Position in der Entwicklungsstrategie der Regierung einnehmen. Diese politische Kehrtwende ist bisher die größte Niederlage Mbekis, der lange leugnete, dass Aids ein grundlegendes Problem in Südafrika ist.

Die Gesundheitsministerin Manto Tshabalala-Msimang bestätigte allerdings wieder einmal die Kritik von Aids-Aktivisten an ihr. Die britische Tageszeitung Guardian zitierte sie mit der Aussage, dass Südafrika sich keine Aids-Medikamente leisten könne, da das Geld zur Verteidigung gegen potenzielle Invasoren, unter ihnen die USA, gebraucht werde. Tshabalala-Msimang bestritt später vehement, die USA als Aggressor verdächtigt zu haben, dementierte allerdings nicht den Vorrang von Waffenprogrammen vor der Aids-Behandlung.

alex veit