Feuer und Flamme

Australische Flüchtlingspolitik

von martin kröger

»Ich akzeptiere nicht, dass es sich um eine Krise handelt.« Der australische Premierminister John Howard sah vielmehr einen kleinen »Aufruhr von Personen«, die nach seiner Ansicht nur »dagegen protestierten, dass sie nicht berechtigt sind, in diesem Land zu bleiben«.

Der »Aufruhr« erfasste seit dem 27. Dezember fünf australische Internierungslager für Flüchtlinge. Begonnen hatte die Serie von Brandstiftungen und Ausschreitungen der Insassen gegen die Wachmannschaften in dem erst kürzlich fertig gestellten Lager im südaustralischen Baxter; von dort griff sie auf Port Hedland, Woomera, Villawood, Perth sowie ein auf den Weihnachtsinseln gelegenes Flüchtlingslager über.

Australien sperrt als einziges Land Asylsuchende bei ihrer Ankunft ein. Seit zwei Jahren kommt es wegen der elenden Lebensbedingungen immer wieder zu Unruhen, Massenausbrüchen und Brandstiftungen. Während die Mehrheit der australischen Bevölkerung die restriktive Flüchtlingspolitik der konservativen Regierung unterstützt, stehen die Internierungseinrichtungen schon lange in der internationalen Kritik. So kam eine Kommission der Uno nach einer Untersuchung in Woomera zu dem Ergebnis, »dass die Lebensumstände in dem Lager inhuman und erniedrigend sind«. Mit der Inhaftierung von Kindern und Säuglingen verstoße die Regierung außerdem gegen die von Australien ratifizierte Uno-Kinderrechtskonvention.

Wie verzweifelt müssen Menschen sein, wenn ihnen nichts anderes mehr einfällt, als das eigene Gefängnis in Brand zu setzen und sich selbst und alle Insassen in akute Lebensgefahr zu bringen? Wurden im letzten Jahr noch Selbstverstümmelungen begangen – einige Flüchtlinge nähten sich die Lippen zu, um auf die unsäglichen und in dieser Form einzigartigen Zustände in den Internierungslagern aufmerksam zu machen –, so zeigen die Brandstiftungen, dass die Verzweiflung noch größer geworden ist.

Schon im letzten Sommer stellte ein psychologisches Untersuchungsteam fest, dass die Selbstmordrate unter den zum Teil schon seit mehreren Jahren inhaftierten Flüchtlingen zehnmal höher ist als in der restlichen australischen Bevölkerung. Der Bericht kam zu dem Schluss, dass das System der Lager konzipiert sei, »um Menschen verrückt zu machen«.

Statt nun endlich die Lager aufzulösen und die 1 000 verbliebenen Flüchtlinge freizulassen, reagierte die konservative Koalitionsregierung mit noch härteren Maßnahmen. Sie verbreitet das Bild der allseits gewalttätigen Flüchtlinge und wähnt eine Konspiration von FlüchtlingsanwältInnen und Insassen, die den Aufruhr geplant hätten.

Gleichzeitig wird der Protest von der Regierung instrumentalisiert, um die verschärften Sicherheitsvorkehrungen zu legitimieren. Vermeintliche Brandstifter und Rädelsführer wurden von den anderen Internierten getrennt und in Hochsicherheitsgefängnisse der Polizei gebracht. Um die Isolation zu perfektionieren, wurden die Telefone gesperrt.

Dabei wäre es ein Leichtes für die prosperierendste Wirtschaft der westlichen Welt, die von der Arbeitsmigration profitiert, diese letzten 1 000 Flüchtlinge freizulassen und aufzunehmen. Australien aber empört sich gegenwärtig lieber darüber, dass die kommenden Kricket-Weltmeisterschaften nun doch in Zimbabwe stattfinden können, obwohl es dort »entsetzliche Menschenrechtsverletzungen« gibt, wie es Premierminister John Howard ausdrückt.