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Eskalation in Caracas

Venezuela. Der Machtkampf zwischen der Opposition und dem linkspopulistischen Präsidenten Hugo Chávez und seinen Anhängern spitzt sich weiter zu. Am Freitag zog ein oppositioneller Demonstrationszug mit mehreren zehntausend Menschen zur größten Kaserne in der Hauptstadt Caracas, in der ein oppositioneller hochrangiger Militär unter Arrest steht. Vor der Kaserne bewarfen Anhänger Chavéz’ die Anti-Chavistas mit Steinen und Feuerwerkskörpern, worauf die Militärpolizei Tränengas einsetzte. Zwei Menschen wurden erschossen.

Vizepräsident Vicente Rangel erklärte, die Regierung könne anhand eines Videos beweisen, dass die Polizei von Caracas – die als Chavéz-feindlich gilt – für die tödlichen Schüsse verantwortlich sei. Der Präsident schloss am Freitag nicht aus, zur Eindämmung der Krise das Kriegsrecht zu verhängen. Am Samstag erklärte Henry Vivas, der Leiter der Polizei von Caracas, Polizisten seien von Chavéz-Anhängern, die an einer Mahnwache für die am Vortag Getöteten teilnahmen, beschossen worden. Aktionen der Gegner Chavéz’ haben die Erdölindustrie in Venezuela fast zum Erliegen gebracht.

Ende des Schweigens

Mexiko. Sie kamen mit Macheten und Fackeln. Pünktlich zum 9. Jahrestag des Aufstandes von 1994 besetzten Tausende von Indigenas aus den zapatistischen Gemeinden die Provinzhauptstadt San Cristóbal im südmexikanischen Chiapas. Auch sieben Kommandanten und Kommandantinnen des zapatistischen Befreiungsheeres EZLN waren angereist.

Nach ihrem spektakulären Marsch nach Mexiko-Stadt im Frühjahr 2001 konzentrierten sich die Zapatisten auf die Arbeit in den von ihnen kontrollierten autonomen Gemeinden. Doch in den letzten Wochen ging die »Zeit des Schweigens« zu Ende, in mehreren Briefen meldete sich der EZLN-Sprecher Subcomandante Marcos zu Wort. So stellte er fest, dass es keine friedliche Räumung zapatistischer Gemeinden in der geplanten Naturschutzzone Monte Azules geben werde.

Mit ihrer kurzfristigen »Besetzung« San Cristóbals und einer Demonstration mit rund 20 000 Teilnehmern machte die EZLN nun deutlich, dass von einem Ende der Indigena-Bewegung keine Rede sein kann. Es gehe darum, erklärte der Kommandant Bruce Lee, die Freiheit zu globalisieren, und man werde »die Regierung nicht um Erlaubnis bitten, um frei zu sein.«

Strategie der Spannung

Jemen. Nach Angaben der jemenitischen Regierung sind die Parteien des Landes von islamistischen Terroristen unterwandert. »Extremistische Elemente in mehreren Parteien« hätten Verbindungen zum al-Qaida-Netzwerk, erklärte Premierminister Abdul Kader Bajammal am Mittwoch der vergangenen Woche. Zwei Tage zuvor hatte ein dem Parlament vorgelegter offizieller Untersuchungsbericht »direkte Verbindungen« zwischen Mitgliedern politischer Parteien und al-Qaida festgestellt. Details und Beweise wurden nicht veröffentlicht, und möglicherweise sieht die Regierung nur eine günstige Gelegenheit, gegen unliebsame Oppositionelle vorzugehen.

Der islamistische Terror jedenfalls zielt eher auf die Opposition als auf die Regierung. Brisant ist insbesondere die Ermordung Jarallah Omars, des Vizegeneralsekretärs der Sozialistischen Partei (YSP), die einst den Südjemen regierte und seit der Niederlage gegen nordjemenitische Truppen im Jahr 1994 die wichtigste säkuläre Oppositionspartei ist. Offenbar soll so versucht werden, im Sinne der al-Qaida-Strategie die innenpolitischen Verhältnisse zu destabilisieren.

Gottlose Bonbons

Pakistan. Polizisten, Islamisten und Journalisten mussten gleichermaßen vor der Stichflamme fliehen, als Muhammad Saeed Khan, der Generalinspektor der Polizei im von Islamisten regierten Peshawar, am Mittwoch der vergangenen Woche beschlagnahmtes Teufelswerk anzündete. Man hatte die benötigte Menge Benzin etwas zu großzügig berechnet. 7 000 CDs und Videos, die so gottlose Dinge wie das Cricket-Match Australien gegen Südafrika oder traditionelle Sufi-Musik enthielten, wurden ebenso den Flammen übergeben wie ausländische Deodorants und Pfefferminzbonbons.

Islamistische Antipathie gegen die Gottlosen könnte auch der Hintergrund eines militärischen Zwischenfalls in Afghanistan am vorletzten Sonntag gewesen sein. Die Identität des pakistanischen Border Scouts, der nahe der Grenze einen US-Soldaten anschoss, ist jedoch ebenso ungeklärt wie sein Verbleib. Die US-Luftwaffe warf eine 250-Kilo-Bombe auf seinen mutmaßlichen Fluchtort, verfehlte ihn aber offenbar. Nun bemühen sich die Regierungen beider Staaten energisch, den Vorfall herunterzuspielen.

Neuer Waffenstillstand

Côte d’Ivoire. »Ich kann Ihnen sagen, dass alle darin übereinstimmen, dass der Waffenstillstand respektiert werden muss«, verkündete der französische Außenminister Dominique de Villepin optimistisch. Es wäre nicht das erste Mal, dass eine solche Übereinstimmung nicht lange währt, immerhin aber gelang es Villepin Ende der vergangenen Woche, die Regierung und die wichtigste bewaffnete Oppositionsgruppe MPCI erneut auf eine friedliche Lösung zu verpflichten.

Der Einigung vorausgegangen war offenbar eine Distanzierung Frankreichs von der Regierung Laurent Gbagos. Hatte die französische Diplomatie ihn noch vor kurzem als »demokratisch gewählt« bezeichnet, so gilt er jetzt nur noch als »international anerkannt«. Frankreich, das vor allem an Stabilität im wirtschaftlich wichtigsten Staat der Region interessiert ist, scheint zu dem Schluss gekommen zu sein, dass Gbagos kompromisslose und aggressive Politik gebremst werden muss. Er musste nun zusagen, seine Kampfhubschrauber am Boden zu lassen und seine Söldner nach Hause zu schicken.