Der Profi

ich-ag der woche

Dr. August Hanning ist ein bescheidener Mann. Er »möchte die Verteilung von Autogrammen den Personen der Zeitgeschichte überlassen« und gibt seinen Fans deshalb keine. Hat er welche? Der Bundesnachrichtendienst (BND), dessen Präsident er seit 1998 ist, fiel in der Vergangenheit vor allem durch Pannen auf. So dauerte es mehrere Jahre, bis jemand merkte, dass ein Mitarbeiter dem BND Material aus dessen eigenem Computer als Topinformationen verkaufte.

Hanning hat jedoch schon viele Reformen durchgesetzt. Er weiß seine Agenten effektiv einzusetzen. »Rezepte, Bildmaterial und Geschichten haben die weltweit tätigen Mitarbeiter selbst zusammengetragen«, schreibt seine Ehefrau Ruth im BND-Kochbuch »Topf Secret«.

Der Spion, der aus der Küche kam, lässt sich aber auch gerne mal Pulverdampf um die Nase wehen. Im März 2000 besuchte er in Begleitung russischer FSB-Kollegen Tschetschenien. »Ich habe mit ihnen stets eine gemeinsame Sprache gefunden«, lobte der ehemalige Geheimdienstchef Nikolai Kowaljow die Zusammenarbeit mit den »hochprofessionellen« Deutschen.

Auch mit Hassan Nasrallah, dem hochprofessionellen Generalsekretär der libanesischen Hizbollah, fand Hanning eine gemeinsame Sprache. Ob die beiden sich beim Austausch von Braten- und Falafel-Rezepten näher kamen, bleibt geheim. Nach dem gelungenen Gefangenenaustausch präsentierte sich Hanning neben Nasrallah in Beirut lächelnd den Kameras. Das entspricht zwar nicht ganz geheimdienstlichen Gepflogenheiten, könnte aber dazu führen, dass ihn wenigstens im Libanon mal jemand um ein Autogramm bittet.

jörn schulz