Safari nach Kyoto

Alle Regierungen wollen die Emissionen reduzieren. Aber nur, wenn die anderen es auch tun. Auf der Klimakonferenz in Nairobi wurden deshalb nur Zeitpläne verabschiedet. von ferdinand muggenthaler

Klimalobbyisten müssen geduldige Menschen sein. Als am Freitag in Nairobi die UN-Klima­konferenz zu Ende ging, hatten sich die Vertreter von 189 Staaten vor allem auf Zeitpläne geei­nigt. So ist es schwer zu erkennen, ob die Konferenz das viele Kohlendioxid wert war, das die 6 000 Teil­nehmer für An- und Abreise in die Luft geblasen haben. Die Einschätzungen reichten von »solider Grundlage, um den Klimawandel noch abzubremsen«, über »Fortschrittchen« bis hin zu »heiße Luft in Nairobi«.

Zwei Schwerpunkte sollte der Gipfel haben. Erstens die Anpassung an den unvermeidlichen Klimawandel. Vor allem Aktivisten aus Afrika, dem Kon­ti­nent, den der Klimawandel am härtesten trifft, hatten auf schnelle Hilfe gehofft. Für sie hatte die Konferenz nur einen schwachen Trost parat: Ge­ei­nigt haben sich die Klimadiplomaten auf die Kriterien eines Anpassungsfonds, der Projekte in den Ent­wicklungsländern fördern soll. Bisher sind ganze zwei Millionen Euro in dem Fonds, und bis 2012 sollen es etwa 600 Millionen werden. Eine lächer­liche Summe, wenn man bedenkt, dass allein Hamburg 500 Millionen Euro für die Erhöhung der Deiche ausgibt. Entsprechend fiel das Urteil der kenianischen NGO Practical Action aus: »Das hätte ein Afrika-Gipfel wer­den sollen. Aber es war ein ­Safari-Gipfel.«

Langsam ging es auch bei dem zweiten Schwerpunkt voran, der Weiterentwicklung des Kyoto-Protokolls, das im Jahr 2012 ausläuft. In Nairobi haben Deutschland und an­dere Industrieländer versucht, verbind­liche Reduktionsziele auch für Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien auf die Tages­ordnung zu setzen. Darauf wollten sich diese nicht einlassen. Heraus kam ein Kompromiss. Wie wirksam das Kyoto-Protokoll gegen den Klimawandel ist, wird zwar in den kommen­den zwei Jahren überprüft, aber die Überprüfung soll nicht zu neuen Verpflichtungen für die Entwicklungsländer führen. Dabei scheint völlig klar, wie die Bewertung ausfallen muss: Die derzeitigen Ziele sind völlig unzureichend, trotzdem halten die meisten Industriestaaten schon heute die Vorgaben nicht ein, und wenn Chinas und Indiens Menge an Emissionen im gleichen Tempo weiter steigt, ist das ein sicherer Weg in die Katastrophe.

Gabriela von Goerne, die für Greenpeace die Konferenz in Nairobi beobachtet hat, ist trotzdem vorsichtig optimistisch. Auch wenn sich bei­spielsweise die chinesischen Unterhändler in Nairobi nicht völkerrechtlich binden wollten, stecke das Land viele Mittel in erneuerbare Ener­gien und in Energieeffizienzprojekte. In Nairo­bi präsentierten die chinesischen Delegier­ten den Plan, bis 2010 das Wirtschaftswachstum vom Anstieg der Emissionen zu entkoppeln. Deshalb sei es »fast unhöflich«, wenn westliche Staaten auf China deuten, sagt Goerne. »Es hin­dert die EU niemand daran zu handeln.« Wenn die europäischen Staaten vorlegen, dann werde sich auch auf der UN-Ebene wieder etwas bewegen.

Greenpeace hofft dabei, wie andere Umweltorgani­sationen, auf die deutsche Regierung, die im kommenden Jahr den Vorsitz in der EU führt und den G8-Gipfel organisiert. Dabei ist auch in Deutschland der Druck auf die Energieunternehmen bisher bescheiden. Emissionszertifikate, also Verschmutzungs­rechte, werden an die Unternehmen verschenkt, und die Kohle, bei deren Verbrennung besonders viel Kohlendioxid entsteht, wird bevorzugt.

Doch geduldige NGO-Vertreter sehen Anzeichen für neuen Elan in der Klimapolitik. Deutschland hat Energieeffizienz auf die Tagesordnung des G8-Gipfels gesetzt, und in den USA will sich die neue Parlamentsmehrheit für weniger Emissionen einsetzen. Makabrerweise ist es auch ein Hoffnungszeichen, dass der Klimawandel zum Thema der Sicherheitspolitik geworden ist: Die Regierungen treibt die Angst vor Klimaflüchtlingen, stockender Energieversorgung und unkontrollierbaren Elendsregionen um.