Ein Besuch im Autonomen Zentrum in Ljubljana

Hexentrank und Autonome

Das Autonome Zentrum Metelkova in Ljubljana feiert seinen 18. Geburtstag. Nicht alle sind von seiner Entwicklung begeistert.

Wo, bitte, geht’s zur Ausstellung im Infoshop? »Schaut mal da hinten, in dem Gebäude rechts«, erklären einige Punks hilfsbereit. Dort, im Eingangsbereich der Galerija Mizzart auf dem Gelände des Autonomen Zentrums Metelkova, hantiert ein Typ mit Sprühdosen. Ein Graffito entsteht an der Wand. Im Gang um die Ecke stehen auf einem Tisch kleine Gebäckteilchen und eine große Flasche Rotwein. »Bedient euch«, sagt ein etwa 50jähriger mit kurzen schwarzen Locken einladend. Im angrenzenden Raum schenken zwei Frauen Bier an einer kleinen Bar aus, an den Wänden hängt Geäst, aus Lautsprechern ertönt Vogelgezwitscher. Eine Installation. Oder gar mehrere? Wir sind in der Ausstellung »Belatehnika & Beladona« gelandet. Es geht um die dramatisch voranschreitende Entfremdung des Menschen von der Natur, um Hexentrank und magische Labyrinthe. Das ist nicht ganz das, was wir suchen. Wir haben eine Verabredung im »A-Infoshop«, wo eine Ausstellung über die Geschichte der anarchistisch-autonomen Bewegung in Slowenien sein soll. Aber es ist nicht leicht, den Infoladen auf dem ehemaligen Kasernengelände mit Ateliers, Werkstätten, Bars, Diskos und Konzerthallen ausfindig zu machen. Das Autonome Zentrum feiert an diesem Wochenende den 18. Jahrestag der Besetzung. Es hat sich in eine große Partyzone mit Tausenden Besuchern verwandelt.

Schließlich werden wir fündig. Eine steile Außentreppe führt in den ersten Stock, neben einer kleinen Dachterrasse ist der Eingang. Links neben der Eingangstür eine improvisierte Bar aus roh behauenen Brettern, einige Kisten Bier der Marken Laško und Union, ein Kühlschrank, eine Kasse. Selbstbedienung auf Vertrauensbasis. An der hinteren Wand ein Regal mit Bauarbeiter- und Motorradhelmen und Büchern, auf einem Tisch Ausgaben des slowenischen Magazins Avtonomiia, das sein Erscheinen mittlerweile eingestellt hat, und eines anarchistischen Bulletins, das im Monatsrhythmus herausgebracht wird. An den Wänden hängen die Fotos, Texte und Plakate der Ausstellung. Zwei junge Frauen führen uns auf Englisch in die Ausstellung ein. Es sind die klassischen Themen, die auch in Ljubljana die anarchistisch-autonome Szene beschäftigen: Anti-Nato-Tage im November 2002, Konflikte an der Universität, eine Antifa-Bündnis-Demons­tration gegen rechts­populistische und faschistische Moscheegegner, zuletzt, in diesem Sommer, Solidaritätsaktionen für streikende Hafenarbeiter in Koper. Ein Punk mit rosa Haarschopf erzählt von der anarchistischen Radiosendung, die einmal wöchentlich bei Radio Student, dem seit 1969 bestehenden, mittlerweile alternativen Radiosender, ausgestrahlt wird.

Es wird schweißtreibend heiß im Infoshop, wir ziehen erst mal weiter. In einem großen Kellerraum läuft Techno zu Science-Fiction-Filmschnipseln aus den Sechzigern, die über eine große Leinwand hinter der DJane flimmern. In einer Halle bearbeiten vier Musiker in weißen Overalls ihre Instrumente – Noise, so laut, dass die Trommelfelle klingeln. Auch für das leibliche Wohl ist gesorgt. An der Jalla-Jalla-Bar im Zentrum des Geländes gibt es den großartigen veganen Turbo-Seitan-Kebap, dessen Grundstoff eine Art Tofu aus Weizen ist. Die Meinungen über seinen Geschmack gehen weit auseinander.
Gilles, ein sehniger blonder Belgier in beigen Klamotten, steht auf der kleinen Dachterrasse vor dem Infoshop. Er kennt das Metelkova seit den neunziger Jahren. »Es gibt ein Problem hier«, sagt er. »Die alte Generation, die das Gelände besetzte, hat sich hier mit Ateliers und staatlichen Zuschüssen eingerichtet. Die Jungen kommen nur hierher, um zu konsumieren.« Es klingt ein wenig old school. »Das ist ja auch OK«, fügt er hinzu, »hier können sie ungestört Alk und Drogen zu sich nehmen, sich Konzerte reinziehen. Aber der alte Schwung ist seit Jahren weg, und der Staat hat die Künstlerszene des Metelkova längst in seine kulturellen und touristischen Pläne integriert.« Er überlegt kurz. »Es müsste etwas Neues entstehen«, sagt er dann. »Aber wo das derzeit herkommen soll, weiß ich auch nicht.«