Fanden ihr Glück in Island

Team Nord: Guð hjálpi þér, Island!

Fernab von schwitzenden Deutschen finden kultivierte und modebewusste Urlauber ihr Glück im hohen Norden: im Land der Elfen und Vulkane.

Wenn es in Deutschland im Sommer mal so richtig schön warm und sogar fast schon heiß ist, was bekanntlich nicht so oft vorkommt, gibt es nur eines, was noch dümmer ist, als ausgerechnet gerade jetzt in den Norden Europas zu fahren, wo Pullovertemperaturen herrschen: irgendwohin in den Süden zu fahren, wo es gerade elendsheiß ist.
Und doch ist für den Deutschen ein anständiger Sommerurlaub immer einer im Süden, wo permanent die Sonne lacht und man die Form von savoir vivre zu finden hofft, die man daheim vermisst. In Wahrheit aber endet diese urdeutsche Vorstellung vom Traumurlaub meist im Desaster. Ein Tag Dauersonne und Planschen im Meer ist toll, schon am zweiten Tag fängt es an zu langweilen. Bald stellt man fest, dass man mal wieder die falsche Urlaubslektüre mitgebracht und vergessen hat, sich am Rücken mit Sonnencreme einzuschmieren.
Statt savoir vivre findet man in Italien unfreundliche Kellner, in Griechenland Pleitegriechen, die einen für die Politik Angela Merkels verantwortlich machen, in der Türkei wird man mit dem üblichen »Mercedes, Hitler, FC Bayern« begrüßt, und egal, wo man hingeht, man trifft überall auf die, die man im Urlaub eigentlich nicht sehen will: andere Deutsche. Im Meer lauern natürlich überall irgendwelche Giftquallen oder eine Algenpest, und seit die Haie nicht mehr kapieren, wo sie hingehören, muss man auch an Europas Stränden befürchten, Opfer von einem Hai zu werden, der sich verschwommen hat.
Macht man sich dann mal auf, um irgendwas zu erleben, bereut man das bei der Gluthitze schon nach einer halben Stunde wieder und ist froh, wenn man sich am nächsten Tag wieder einfach nur schrecklich am Strand langweilen darf.

Im Norden ist das völlig anders, besser eigentlich, und, hey, wir sprechen hier nicht von diesen Nordländern für Warmduscher, wie Dänemark eines ist, sondern vom echten, hohen Norden, von Island nämlich, dem kleinen Land im Nordatlantik, kurz vor Grönland, von dessen Küste die Eisbären herüberwinken, und die Elfen winken frech zurück. Im Norden anzukommen ist ein Gefühl, als ob jemand eine vergilbte Gardine weggezogen hat und man alles klarer sieht. Den ganzen Tag vibriert man förmlich vor Energie und merkt, dass kühlere Temperaturen und heftige Winde etwas für sich haben. Auch wer ansonsten ständig erkältete ist, fühlt sich plötzlich so stark und kernig wie der norwegische Fischer im Handcreme-Werbespot. Während Reisen in südliche Länder einen nur immer weiter verzärteln und man sich schon nach wenigen Tagen ängstlich fragt »Werde ich denn durchkommen, durch den deutschen Winter, wenn ich wieder zurück nach Deutschland muss?«, gibt einem der Norden diese ganz besondere Fisherman’s-Friend-Härte.
Es sind zwei Dinge, die einem das Nordgefühl so richtig angenehm machen. Erstens die Klamotten des isländischen Labels »66 North«, das es tatsächlich schafft, selbst dogmatische Hotpants-Träger und Tanktop-Liebhaberinnen schlagartig davon zu überzeugen, dass nichts auf der Welt glamouröser ist als Daunenjacken und lange Unterwäsche. Und nur die starke isländische Krone kann einen im letzten Moment davon abbringen, die Läden in Reykjavik leer zu kaufen und mit einem Haufen sündhaft teurer Regenjacken nach Deutschland zurückzukehren.
Zweitens sind es die Hot Tubs, die in regelmäßigen Abständen in die schöne isländische Landschaft eingelassen sind. Praktisch hinter jedem zweiten Imbiss gibt es einen geothermal beheizten Warmwasserpool, in den man winters wie sommers, aber immer erst nach einer ausgedehnten Duschprozedur, steigen kann. Kein August kann so heiß sein, dass er das Wasser der Adria auch nur annähnernd auf die Temperaturen im Hot Tub brächte. Zudem ist der Hot Tub eine echte gesellschaftliche Errungenschaft, die isländische Variante des melting pot. Wer drin ist, ist drin, aber bitte erst, nachdem er sich vorschriftsmäßig eingeseift und geduscht hat. Touristen werden auf die landestypischen Hygieneregeln schon mal mit Handzetteln hingewiesen. Ganz wichtig: Badekleidung runter beim Waschen! Nach 15minütigem Extremduschen darf man eintauchen in den garantiert chlorfreien Pool. Duschvorschriften und Rauchverbote werden wirklich sehr ernst genommen, hier scheinen die ansonsten freundlich, offen und entspannt wirkenden Menschen auf Island ausnahmsweise mal keinen Spaß zu verstehen.

Wer gerne mit viel Ferienbräune im Gesicht nach Hause fährt, für den ist die Insel wohl nicht das Richtige. Was aber nicht heißt, dass man als blasser Island-Heimkehrer nicht doch noch zu Hause zum Mittelpunkt der nächsten Party werden kann. Mit Island-Erfahrung hat man schließlich das ganze Package aus Exklusivität, Survival und elfenhafter Transzendenz zu bieten. Wer will denn da noch wissen, wie der Typ mit der braunen Haut seinen Adria-Urlaub fand?

Die ganze Geschichte über Hot Tubs, Sagas und Wikinger lesen Sie in der Island-Sonderausgabe des Dschungels zur Buchmesse am 13. Oktober. Heike Karen Runge und Andreas Hartmann berichten über ihre Islandreise. Über die junge isländische Literatur. Warum Elfen queer sind. Lüften das Geheimnis der Gletschermaus. Mit Geschichten von und über Einar Mar Gudmundsson, Sigurbjörg Thrastardottir, Hallgrímur Helgason Andri, Snaer Magnason, Steinar Bragi, Gudrún Eva Mínervudóttir, Gunnar Gunnarson und Hallador Laxness.