No Profit, no Bock

Berlin Beatet Bestes. Folge 174. Freddy Fischer and His Cosmic Rocktime Band: Wohin kannst du gehen mit deiner Sehnsucht in der Hand (2012).

Am Samstag war ich mal wieder zu Besuch in meiner Heimatstadt Hamburg. Der Anlass war eine Ausstellung meiner Swing-Comics in der Galerie Linda in St. Pauli. Am Nachmittag hängten wir die Bilder an die Wände, bauten die Musikanlage auf, und im Handumdrehen verwandelten sich die kargen Räume in eine Comic-Ausstellung. Es wurde ein schöner Abend. Ich legte Platten auf, einige Freunde und Bekannte aus Hamburg gaben sich die Ehre, wir tranken Glühwein und ein bisschen Swing wurde auch getanzt. Aber schon morgens um eins war die Bühnenmagie wieder vorbei. Während die letzten Gäste ihr Bier austranken, nahm ich schon die Bilder von den Wänden, weil ich keine Lust hatte, deswegen am Sonntag nochmal in die Galerie zu gehen.
So schön der Abend auch war, es bleibt die Frage: Warum mache ich das eigentlich? Ich habe nicht oft das Gefühl, für irgendetwas zu alt zu sein, aber in diesem Fall hatte ich es. Wenn du 25 bist, ist noch alles super: Na klar fahre ich von Berlin nach Hamburg, um einen schönen Abend zu gestalten, denn du weißt, wenn du etwas mit voller Energie machst, dann wird es auch gut. Diese Energie fehlt mir mehr und mehr. Die erste Comic-Ausstellung, an der ich teilgenommen habe, liegt immerhin schon über 25 Jahre zurück. Seitdem habe ich unzählige Veranstaltungen entweder selbst gestaltet oder mitorganisiert, nur weil es eben Spaß gemacht hat. So oder ähnlich wird es vielen gehen, die als Künstler, Musiker, DJs, Radio- und Labelmacher oder Veranstalter in die Jahre kommen. Irgendwann fragst du dich: Warum mache ich das eigentlich? Denn es ist ja kein richtiger Job, keine bezahlte Arbeit. Um den Mehrwert deiner Aktivität zu erzielen, musst du bereit sein, das nötige Quentchen selbstausbeutender Energie aufzuwenden.
Für das nächste Jahr habe ich dennoch keine Vorsätze. Ich weiß noch nicht, ob ich mir wünschen soll, ich hätte wieder die Energie, mich vorbehaltlos in kraftaufzehrende No-Profit-Aktivitäten zu stürzen, oder ob ich mich entschließen soll, meine Aktivität auf das Zeichnen zu beschränken und nur noch das Nötigste an Selbstbewerbung zu tun. Dann würde mir aber wahrscheinlich auch niemand mehr auf einer Party eine Single überreichen, so wie am Samstag der freundliche Gregor, Labelchef von Sounds of Subterrania. Die aus dem Album »Dreimal um die Sonne« ausgekoppelte Single des Berliners Freddy Fischer und seiner Cosmic Rocktime Band hätte ich mir aber vielleicht auch selbst gekauft. Auf ihr befinden sich zwei schöne deutsche Soul-Nummern, irgendwo zwischen Schlager und Disco. Freddy Fischer, im Smoking und auch schon etwas in die Jahre gekommen, singt: »Und dann läufst du auf der Straße/auf der Straße läufst du ganz allein/ alles scheint so sinnlos/ein Moment ist da/da war gestern dieses Mädchen/du sahst sie vorübergehen/sie gab dir dieses Lächeln.«