Platte Buch

Aufgetaucht

Wenn eine Plattenfirma eine »wundersame Geschichte« annonciert, denkt sich der von derlei Geflöte nicht mehr zu beeindruckende Musikjournalist: Von wegen. Aber Ausnahmen bestätigen die Regel. Und sofern es sich bei Damons Album »Song of a Gypsy« nicht doch um einen verflixt geschickt ausbaldowerten Fake handelt, hat das Musikgeschäft hier tatsächlich eine bemerkenswerte Geschichte geschrieben.
Damon? Niemand kennt diesen Menschen, der mit bürgerlichem Namen David Del Conte heißt. Fast niemand. Damons 1969 in L.A. in Eigenregie aufgenommenes Psychedelic-Rock-Album blieb beinahe ungehört. Trotz der schönen, indisch angehauchten Rhythmen, herrlicher Fuzz-Gitarren und Damons eigensinnig verspulten, unbedingt von Jim Morrison inspirierten Gesangs. Die Stimmung des Albums ist anmutig entrückt, beinahe gespenstisch. Es nützte alles nichts.
Damon verschwand im dichten Heroinnebel. In den Siebzigern überfiel er Drogenhändler, 1979 wurde er um ein Haar erschossen. »Song of a Gypsy« avancierte derweil zum Mythos. Und mit einer Gesamtauflage von 500 Exemplaren zu einem überaus wertvollen Geheimtipp auf Plattenbörsen, für den Sammler 3 000 Dollar und mehr zu berappen bereit waren. Seit kurzem ist das Album wieder günstiger zu haben. Die Neuauflage kommt gewissermaßen aus dem Nichts; es gibt darauf kundige liner notes und ein Interview mit Damon. Der Mann lebt also noch. Zum Glück. So hat er wenigstens was von seiner Wiederentdeckung.

Damon: Song of a Gypsy (NowAgain/Other Hand/Rough Trade)