Urlaub ist Ausbeutung

»Für euch ist es Urlaub – für uns ist es Ausbeutung«, rufen die mehr als 70 Demonstranten an diesem Samstagnachmittag. Sie haben sich vor dem »Amadeus Hostel« in der Brunnenstraße 70 in Berlin versammelt, um gegen die Ausbeutung von Beschäftigten zu protestieren. Bevor die Polizisten draußen vor dem Tor registrieren, was geschieht, besetzen Demonstranten die Gänge des Etablissements und bringen Transparente und Plakate an. Nach zehn Minuten haben alle die Räumlichkeiten wieder verlassen. Der Standard ist dort ohnehin derart schlecht, dass man in dem Hostel nicht viel Zeit verbringen möchte. Die etwa zehn ehemaligen Beschäftigten wollen nicht mehr im »Amadeus Hostel« arbeiten. Aber sie fordern die Nachzahlung des ihnen vorenthaltenen Lohns. Er habe dort drei Monate lang für einen Stundenlohn von 0,65 Cent gearbeitet, berichtet James aus Schottland. Auch Nathan aus Frankreich arbeitete für einen Dumpinglohn. »Wir suchten ein Zimmer und im Hostel sagten sie uns, wir könnten hier leben und arbeiten«, berichtet er. So machten zahlreiche junge Leute aus aller Welt Bekanntschaft mit der besonderen Ausbeutung in Deutschland. Nur Bulgaren, Rumänen und Isra­elis waren offenbar ausgenommen. Sie seien weder als Hostelgäste noch als Beschäftigte erwünscht gewesen, berichten die ehemaligen Beschäftigten. Sie haben die Kundgebung vorbereitet. Dazu trafen sie sich in den Räumen der Erwerbsloseninitiative Basta im Wedding. Nach dem Vorbild der Working Centers in den USA hat Basta ihnen einen Raum zur Selbstorganisation bereitgestellt. Unterstützt werden sie von zwei Basisgewerkschaften, der neugegründeten Berliner Ortsgruppe der Wobblies und der FAU. Diese will in der nächsten Woche die Arbeitsbedingungen von Beschäftigten in anderen Berliner Hostels ermitteln. Denn die miesen Zustände im »Amadeus Hostel« dürften kein Einzelfall sein. Der Widerstand dagegen ist es bisher schon.