Theatertruppe

Die Altstadt von Köpenick wirkt wie eine preußische Postkarten­idylle. Überall erblickt man das Konterfei von Friedrich Wilhelm ­Voigt, der, als Hauptmann verkleidet, im Oktober 1906 einen Trupp Soldaten um sich scharte, das Rathaus des damals noch eigenständigen Städtchens besetzte, die Kasse an sich nahm und dadurch das Dorf bei Berlin weltbekannt machte. Für zeitgenössische Kritiker war diese Köpenickiade »der glänzendste Sieg, den jemals der militaristische Gedanke in seiner äußersten Zuspitzung davongetragen hat«, wie die linksliberale Berliner Volkszeitung schrieb. Am 12. August marschierte nun erstmals das Berliner Wachbataillon der Bundeswehr zur traditionellen Köpenickiade vor dem Rathaus Köpenick auf. Der Bürgermeister Oliver Igel (SPD) nahm die Parade ab. Während zahlreiche Schaulustige ihre Handys zückten, protestierten etwa 30 Militärgegner gegen das Spektakel. »Kein Werben fürs Sterben«, »Krieg beginnt hier« und »Nie wieder Großdeutschland« lauteten die Protestparolen. Aufgerufen hatten das Antifaschistische Bündnis Südost und die Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA). Auch die Partei »Die Partei« beteiligte sich. »Die Bundeswehr möchte die Veranstaltung für Werbezwecke nutzen und versucht durch derlei Auftritte zukünftige Rekruten zu gewinnen«, monierten die Kritiker. Der Geschäftsführer der Berliner VVN-BdA, Markus Tervooren, sieht in dem kurzen Intermezzo mehr als einen harmlosen Touristenspaß: »Schon Kurt Tucholsky wusste: ›Soldaten sind Mörder.‹ Wer für diesen Beruf wirbt, muss sich entschiedenen Protest gefallen lassen. Dass in Köpenick Bundeswehrsoldaten lediglich als trottelige Helfershelfer eines sympathischen Diebes auftreten sollen, ändert daran nichts.« Allerdings waren auch die zivilen Darsteller eher keine Alternative, schließlich gehörte ein Mitglied der NPD-Fraktion in der BVV Köpenick dazu.