Bis zum deutschen Frühling

Unter dem gemeinsamen Dach des »Friedenswinters« findet der Schulterschluss der traditionslinken Friedensbewegung mit den verschwörungsideologisch aufgeladenen »Mahnwachen für den Frieden« statt. Mit einer Demonstration am vergangenen Samstag verwirklichte sich dieser Schulterschluss im wahrsten Sinne des Wortes: Hinter dem Fronttransparent, auf dem »Verantwortung für unser Land« stand, lagen sich Diether Dehm (MdB, »Die Linke«) und die zwei führenden Köpfe der Mahnwachen, Ken Jebsen und Lars Mährholz, in den Armen. Als ein Reporter Dehm zu seiner Teilnahme befragen wollte, rief dieser freudig: »Wenn man weiß, dass Spiegel TV da ist, kann man auch das beruhigte Gefühl haben, dass der Bundesnachrichtendienst da ist.« Hauptfeindbild der Demonstration waren neben dem »USA-Agenten« Joachim Gauck und der Nato »die gleichgeschalteten Medien«. So passte es auch ins Bild, dass der rechtsesoterische Kopp-Verlag für seinen Bestseller »Gekaufte Journalisten« warb. Gern gesehen waren nur Journalisten, die für die Medien der eigenen Szene arbeiten – allen voran Lea Frings von »Russia Today Deutsch«, die die Hauptbühne der Abschlusskundgebung vor Bellevue moderierte. Das Verschwörungsdenken der Demonstrierenden reicht über simple Verschwörungstheorien zum 11. September hinaus. So wird etwa die These vertreten, Israel und die USA kontrollierten den »Islamischen Staat«, andere haben den »Hochverrat im Bundestag« erkannt und wieder andere glauben, die deutschen Vernichtungslager im Nationalsozialismus seien eine Erfindung der Engländer. Auch Plakate, die »Selbstbestimmung für alle Völker« und (deutsche) »Souveränität« einfordern, hatten ihren Platz im Demonstrationszug. Die Urheber dürften nicht zuletzt der Videoeinladung vom prominenten Mahnwächter Pedram Shahyar gefolgt sein: »Der Friedenswinter kommt – und nach dem Winter ist vor dem deutschen Frühling.«