In einer Berliner Moschee haben sich Islamisten radikalisiert

Der Imam weiß von nichts

In Berlin gab es eine Polizeirazzia in einer Moschee. Ein ehemaliger Besucher soll sich dem »Islamischen Staat« angeschlossen haben.

»Die Jugendlichen hören nur noch auf das, was sie im Internet finden. Sie hören nicht mehr auf einen Imam.« Abdelkader Daoud, der Imam der Ibrahim-al-Khalil-Moschee in Berlin-Tempelhof, wehrt sich gegen die Anschuldigung, er habe Menschen dazu angestiftet, in Syrien auf der Seite jihadistischer Gruppen am Kampf gegen das Regime teilzunehmen. Seine Moschee steht im Zentrum von Ermittlungen wegen des Verdachts der Vorbereitung einer staatsgefährdenden Gewalttat. Auch gegen einen 19jährigen Mazedonier, der bis vor kurzem in Berlin lebte, wird ermittelt. Er soll jetzt in Syrien kämpfen und verkehrte früher regelmäßig in der Tempelhofer Moschee.
Die Razzia in der vergangenen Woche, bei der auch sieben der Berliner Islamisten-Szene zugeordneteten Wohnungen durchsucht wurden, sorgte für Schlagzeilen, weil Beamte der Berliner Polizei auf Socken durch die Räumlichkeiten der Moschee liefen. Polizeisprecher Stefan Redlich erklärte einer Boulevardzeitung: »An erste Stelle steht die Eigensicherung der Kollegen. Da die Lage ruhig war und kein Widerstand geleistet wurde, haben wir die Gebote beachtet und aus Höflichkeit die Schuhe ausgezogen.« Imam Abdelkader Daoud selbst beantwortete während der Razzia betont lässig die Interviewfragen der versammelten Hauptstadtpresse, selbstverständlich schuhlos. Die Polizei beschlagnahmte zahlreiche Datenträger, nahm aber niemanden fest.

Daoud ist in den vergangenen Monaten Dauergast in den Berliner Medien geworden. Anfang des Jahres verteidigte der Imam öffentlichkeitswirksam den ägyptischen Prediger Abdel Moez al-Eila. Dieser hatte sich zuvor in der Neuköllner al-Nur-Moschee gegen das Selbstbestimmungsrecht von Frauen ausgesprochen. »Fordern die Medien von uns, einen Hadith unseres geliebten Propheten abzulehnen?« fragte Daoud angesichts der medialen Kritik. Seiner Auffassung nach müsse es erlaubt sein, zu sagen, »dass eine Frau den Wünschen ihres Mannes folgen muss, wenn er sie ins Bett ruft«. Erst eine Woche vor der Razzia endete ein Prozess gegen den Imam. Ein Berliner Gericht sprach ihn vom Vorwurf der sexuellen Nötigung frei. Die Ibrahim-al-Khalil-Moschee wird seit 2014 vom Berliner Verfassungsschutz beobachte. Sie ist, so die Tageszeitung BZ, ein Ableger der al-Nur-Moschee in Neukölln und gehört der »Islamischen Gemeinschaft in Deutschland e. V.« (IGD), die wiederum ein Ableger der ägyptischen Muslimbruderschaft in Deutschland ist. Die Ibrahim-al-Khalil-Moschee gehört somit zu einem Netzwerk von Moscheen in Berlin, das als wichtiger Faktor bei der Radikalisierung von Salafisten gilt.

Ein Zusammenhang mit dem in Berlin-Spandau einige Tage zuvor erschossenen Islamisten Rafik Y. besteht nach Angaben der Berliner Polizei nicht. Der 41jährige Iraker hatte erst einen 44jährigen Passanten mit einem Messer am Rücken verletzt und war dann auf die eintreffenden Polizisten losgegangen. Mit einem Klappmesser stach er einer Beamtin in Hals und Schulter, woraufhin ihr Kollege auf den Angreifer schoss. Rafik Y. plante 2004 gemeinsam mit Komplizen einen Mordanschlag auf den damaligen irakischen Ministerpräsidenten Ijad Allawi während dessen Berlinbesuchs. Vier Jahre später wurde er vom Oberlandesgericht Stuttgart wegen Mitgliedschaft in der terroristischen Organisation Ansar al-Islam zu einer Haftstrafe von acht Jahren verurteilt. Nach seiner Haftentlassung vor zwei Jahren stand Y. unter Führungsaufsicht. Er musste sich wöchentlich bei der Polizei melden, durfte nur ein Handy besitzen und trug eine elektronische Fußfessel. Wie Y. es bewerkstelligte, die Fußfessel loszuwerden, ist bisher noch nicht geklärt.