Das NPD-Verbot soll im März verhandelt werden

NPD-Abschaltung vor Gericht

Zwei Jahre hat es gedauert, nun hat das Bundesverfassungsgericht einen Termin für die mündliche Verhandlung über das vom Bundesrat beantragten NPD-Verbot angesetzt. Viel bringen dürfte ein Verbot der Partei nicht mehr; ihre potentiellen politischen Erben sind längst etabliert.

Lange hatte man nichts mehr gehört vom NPD-Verbotsverfahren, nachdem der Bundesrat vor ziemlich genau zwei Jahren seinen entsprechenden Antrag beim Bundesverfassungsgericht eingereicht hatte. Nun aber kommt Bewegung in die Sache: Das oberste deutsche Gericht entschied Anfang dieser Woche, das Verfahren zur Hauptverhandlung zuzulassen. Es hat für die mündliche Verhandlung zunächst drei Tage Anfang März 2016 angesetzt.
Es dürften allerdings wesentlich mehr werden. Zunächst müssen mögliche Verfahrenshindernisse geprüft werden, was insbesondere heißt, erneut zu klären, ob (wie von der rechtsextremen Partei behauptet) weiterhin V-Leute von Polizei oder Verfassungsschutz in der Führungsebene aktiv sind. Zwar haben die Behörden beteuert, ihre Quellen abgeschaltet zu haben, deren Aktivitäten bekanntlich der Grund für das Scheitern des ersten Verbotsversuchs 2003 waren. Unschöne Überraschungen wird allerdings niemand ausschließen wollen, der etwa anhand der diversen NSU-Untersuchungsausschüsse verfolgt hat, welch dubioses Eigenleben speziell der Verfassungsschutz so führt.
Sollte das Verfahren diese erste Hürde nehmen, muss das Gericht klären, ob die von den Bundesländern vorgelegten Beweise für die Verfassungsfeindlichkeit der NPD tatsächlich für ein Verbot ausreichen. Hierfür müssen die Richter überzeugt sein, dass die NPD nicht einfach nur verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, sondern dies auch »aggressiv und kämpferisch« tut. Als juristischer Laie möchte man annehmen, dass dazu ein Blick in das Vorstrafenregister so mancher NPD-Funktionäre ausreicht – wie die Grundgesetzexperten in Karlsruhe das sehen, steht jedoch auf einem anderen Blatt. Die Erfolgsaussichten scheinen allerdings nicht so schlecht zu stehen, denn mit der nun beschlossenen Eröffnung des Verfahrens hat das Gericht schon zu verstehen gegeben, dass es den Antrag zumindest nicht für unbegründet hält.

Unerfreulich wäre es nicht, sollte die NPD tatsächlich verboten werden, denn es ist absolut wünschenswert, Nazis den Zugang zu Parteienprivilegien, staatlichen Geldern und Institutionen zu entziehen. Ein Verbot käme allerdings um Jahre zu spät (wenn es denn überhaupt jemals einen nachhaltigen Effekt auf die rechte Szene gehabt hätte). Denn die NPD ist längst nicht mehr die gefährlichste politische Kraft am rechten Rand. Hätte sich das Verfassungsgericht noch ein, zwei Jahre mehr Zeit gelassen, wäre vermutlich nicht mehr viel Partei übrig, über deren Legalität zu entscheiden wäre. Selbst in Sachsen ist die NPD nicht mehr im Landtag vertreten (wenn auch weiterhin in zahlreichen Kommunalparlamenten). Einzig in Mecklenburg-Vorpommern sitzt sie noch im Landesparlament und kann dort auch als maßgebliche Organisatorin der Aufmärsche von MV-Gida, dem regionalen Pegida-Ableger, von den rassistischen Mobilisierungen der vergangenen Jahre profitieren. Überall sonst ist die überdies chronisch klamme Partei sogar eine Verliererin dieser Entwicklung – sie verliert etliche Wähler an die AfD.
Für diejenigen Anhänger, denen selbst der dem rechten Rand der Partei zugerechnete thüringische Partei- und Fraktionsvorsitzende Björn Höcke noch zu bieder ist, stünden nach einem NPD-Verbot gleich zwei Ersatzstrukturen zur Wahl: zum einen »Die Rechte«, die ihre Hochburg in Dortmund hat – erst vor einem Monat beschied ein vom nordrhein-westfälischen Innenministerium in Auftrag gegebenes Gutachten einem möglichen Verbotsverfahren gegen die Partei von Christian Worch und Siegfried »SS-Siggi« Borchardt wenig Aussicht auf Erfolg. Zum anderen wäre da noch die Partei »Der III. Weg«, die von Akteuren der Kameradschaft »Freies Netz Süd« in aller Ruhe aufgebaut werden konnte, während sich die Behörden Zeit mit dem erwartbaren Verbot der Kameradschaft ließen. Seiner Entstehungsgeschichte entsprechend ist »der III. Weg« überwiegend in Bayern vertreten, trat insbesondere in den vergangenen Monaten aber auch in Ostdeutschland in Erscheinung.
Beide Gruppierungen dürften aber auch nach einem möglichen Zulauf von ehemaligen NPD-Mitgliedern nicht über den Status von Splitterparteien hinauskommen. Während die NPD in den vergangenen Jahren gezielt daran gearbeitet hat, das Image vom netten Nazi von nebenan aufzubauen, bilden die genannten Parteien weiterhin Sammelbecken für die klassischen Stiefelfaschos mit Hang zum Alkohol, die für den auf Ruhe und Ordnung bedachten Bürger einfach nicht wählbar sind.

Womit man wieder bei der AfD wäre, die genau an dieser Schnittstelle ansetzt und unter anderem deshalb so gefährlich ist. Die Rechtspartei beweist regelmäßig, dass sie nichts dagegen einzuwenden hat, dass organisierte Neonazis auf ihren Demonstrationen mitlaufen, solange diese zwischen all den ganz normalen Hassbürgern nicht weiter auffallen. Von einem Verbot der NPD würde sie sicherlich profitieren – allerdings hat sie dieser, wie erwähnt, ohnehin bereits den Rang abgelaufen.
Ein AfD-Verbotsverfahren wiederum erscheint ungefähr so wahrscheinlich wie eine Begrenzung der Erderwärmung auf zwei Grad, und gegen den gesellschaftlichen Rechtsruck, der die AfD hervorgebracht hat, wären ohnehin andere als juristische Strategien vonnöten.