Wutschüler

Von

Auf der Website »Bachblüten für Tiere« ist zu lesen: »Da Bachblüten sich bei der Behandlung von Prüfungsangst bei Menschen bewährt haben, liegt ihr Einsatz bei Pferden mit ähnlichen Problemen nahe.« Vielleicht hilft eine solche Rosskur auch bei einer anderen Problemgruppe, die offenbar nicht mit ihrer Prüfungsangst umzugehen weiß: Die Rede ist von Gymnasiasten. In der Woche vor ihren Abiturprüfungen entwickeln diese neuerdings eine ausgesprochene Gewaltaffinität. Früher gab es zum Schulausklang den gefälligen »Abi-Streich«. Heute: »Abi-Randale« und »Schüler-Krieg« (Express). Vor allem in Köln scheint dies bereits seit Jahren ein Trend zu sein. Es soll wieder hart zur Sache gegangen sein: Bei einer »Straßenschlacht« (N-TV) vor dem Kölner Humboldt-Gymnasium gingen rund 200 Wutschüler aufeinander los. Man bewarf sich mit Wasserbomben, Farbbeuteln, Eiern und Flaschen, beschoss sich mit Silvesterraketen, demolierte Autos. Zwei Schüler erlitten schwere Kopfverletzungen, einer wurde festgenommen. »Die Polizei beschlagnahmte Drogen, Baseballschläger und andere Waffen.« (ZDF) Auch andernorts in Köln ging es ab: »Maskiert mit Sturmhauben, bewaffnet mit Teleskopschlagstöcken, Sprengstoff, Spraydosen und in Besitz von Betäubungsmitteln lieferten sich rund 50 Abitu­r­i­enten auf dem Lenauplatz eine Schlacht mit am Ende 70 Polizeibeamten. Mindestens ein Beamter wurde schwer verletzt, zehn Schüler in Gewahrsam genommen.« (Express)
Mögliche Ursachen für diese Militanz der künftigen Elite unserer Gesellschaft gibt es viele, aber Prüfungsangst ist davon wohl doch am unwahrscheinlichsten, denn es gibt ja nicht nur Bachblüten, sondern auch Globuli dagegen. Empfohlen wird verdünntes Arsen. Aber vermutlich wissen die pfiffigen Schüler auch an Crystal Meth zu gelangen – und das wirkt auf jeden Fall. Vielleicht fehlt den angehenden Akademikern die Aussicht auf das Verrohungs-Sabbatical bei der Bundeswehr oder sie wollen auch nur einmal wenigstens in ihrem Leben die Sau rauslassen, denn diese Straßenschlacht wird vermutlich ihre erste und letzte sein. Vielleicht bereiten sie sich aber auch auf das Hauen und Stechen vor, das sie künftig im Wettbewerb der Karrieren beweisen müssen. So gesehen könnte Kampfsport durchaus als Teil des Bildungskanons verstanden werden, wie es ja auch im Griechenland der Antike bereits am gymnasion die Regel war. Allerdings war man damals bei derlei Körperertüchtigung vollständig nackt (altgriechisch gymnos = nackt), was wohl selbst in Köln eher schwer durchzusetzen wäre.
Auch Pferde übrigens tragen zur Festlegung der Rangordnung solcherlei Scharmützel mit Imponiergehabe, Drohgebärden, Rangeleien, Bissen und Tritten aus. Das sollte für die Erlangung der Hochschulreife doch genügen.