Der NK Zagreb 041 ist der erste antifaschistische Fußballclub Kroatiens

Antifa heißt Angriff und Verteidigung und Tor

In Kroatien hat sich ein antifaschistischer Fußballclub gegründet. Er bekämpft das Böse inner- und außerhalb des Stadions und verbindet zwei Dinge, die zusammengehören: Fußball und Politik.

Die Fußballszene in Kroatien ist wie in den anderen Ländern Ex-Jugos­lawiens und vielen Teilen Europas stark von Rechten dominiert, nationalistisch und homophob. Kroatische Fans zeigen Symbole des faschistischen Ustaša-Staats, singen rassistische Lieder im Stadion oder brennen gleich Hakenkreuze in den Rasen des Spielfelds, wie zuletzt 2015 vor einem EM-Qualifikationsspiel im kroatischen Split. Doch seit einem Jahr gibt es eine Gegenbewegung: Mit dem NK Zagreb 041 existiert nun der erste explizit antifaschistische und antirassistische Fußballclub Kroatiens.
NK Zagreb 041 ist selbstorganisiert und gehört den Vereinsmitgliedern. Die Gründungserklärung des Vereins fasst die Absichten zusammen: »Der Verein wird Fußball zu den normalen Menschen und Supportern zurückbringen, die Supporter zurück zum Fußball, und der erste echte Community-Fußballclub in Kroatien sein; selbstverwaltet von Supportern und Symphatisant*­innen mit einer klaren Haltung gegen den ›modernen‹ Fußball und direkt-demokratisch organisiert. Der Club wird Korruption und Klientelismus auf allen Ebenen genauso bekämpfen wie jede Art von Diskriminierung.« Spieler und Fans entscheiden als Vereinsmitglieder gleichberechtigt und basisdemokratisch in allen Fragen, vom Trikotdesign über die Spielaufstellung bis zu den Trainingszeiten. Auch der Name »Zagreb 041« wurde Anfang 2015 auf der Gründungsversammlung gemeinsam beschlossen. 041 ist die alte Vorwahl Zagrebs und soll an eine Zeit erinnern, in der Fußball in Kroatien noch nicht von Kommerzialisierung, Korruption und Diskriminierung bestimmt war.
Der Verein, der mittlerweile über 120 Mitglieder zählt, ging aus der linken Ultragruppe White Angels hervor, die den FK Zagreb unterstützt. Die Gründung von Zagreb 041 stieß in Kroatien auf ein recht großes Medieninteresse – zahlreiche Zeitungen und lokale Radiosender berichteten positiv über den Club. Auch bei anderen Ultras, Antifaschisten und weiteren Linken traf das Konzept des Vereins den Nerv.
Der Club, seit seiner Gründung beachtlich gewachsen, hat mittlerweile ein Unterstützernetzwerk aus verschiedenen Antifagruppen und progressiven NGOs. Auch anarchis­tische Gruppen, ein besetztes Hauas in Zagreb und das räumungsbedrohte soziale Zentrum Rog in Ljubljana sind im Verein organisiert. Zagreb 041 wurde zu einer Plattform, von der aus die Gruppen des Netzwerks weit über Fußball und Fankultur hinaus politisch aktiv sind. 041 engagiert sich in der linksradikalen Politik der Stadt. So war man beispielsweise im Frühjahr mit eigenen Transparenten auf dem Zagreber »Marsch der Solidarität« vertreten, einer von Willkommensinitiativen und antifaschistischen Gruppen veranstalteten Demonstration gegen die europäische Flüchtlingspolitik und insbesondere die Abriegelung der Balkan-Route.
Die Idee des Clubs in Fanbesitz zieht immer noch zu jedem Spiel Neugierige an. Bei den Spielen finden sich bis zu 200 Sympathisanten ein, um ihr Team zu unterstützen. Sie setzen nicht nur ein klares Zeichen gegen Rassismus und Homophobie im Fußball, sondern ernten auch von anderen Vereinen Respekt. Denn derzeit spielt 041 noch in der dritten Stadtliga Zagrebs, wo ein solch ein aktiver Fanclub einzigartig ist. 200 Fans mögen im Vergleich etwa zum 1. FC St. Pauli wenig klingen, sind für kroatische Verhältnisse jedoch enorm. Das Fehlen anderer aktiver Fangemeinden in der Liga ist allerdings auch ein Grund dafür, dass Konfrontationen mit den ansonsten rechten bis rechtsradikalen Supporter-Gruppen Kroatiens bisher ausblieben. Diese finden sich nämlich erst in den höheren nationalen Ligen.
Viel Solidarität bekam der junge Club jedenfalls von anderen linken Vereinen und Fans aus ganz Europa, denen die schwierige Lage antifaschistischer Fußballfans in Kroatien bewusst ist. Goran, ein Gründungsmitglied des Vereins, beschreibt die Situation im Interview mit der Ber­liner Gruppe Solidarnost: »Wir haben einige solidarische Mitglieder aus Deutschland, Großbritannien, Portugal, ebenso aus den USA und sogar Australien. In Deutschland beispielsweise gibt es viele antifaschistische Ultragruppen, wie beim St. Pauli, die Gruppe Filmstadtinferno aus Babelsberg, der Verein Roter Stern Leipzig oder Fans von Werder Bremen, die alle befreundet sind und zusammenarbeiten können. Hier in Kroa­tien sind wir die einzigen. Es gibt keine anderen linken Clubs oder Ultragruppen, mit denen wir zusammenarbeiten könnten.«
Entsprechend groß ist das Interesse am Austausch mit anderen linken Clubs in Europa. Ende Mai hat etwa eine Delegation von Zagreb 041 und den White Angels das St. Pauli-Antira-Turnier im Millerntorstadion besucht.
Zu den Mitgliedern und Spielern des Clubs gehören auch Geflüchtete, die in Zagreb leben. Das städtische Aufnahmezentrum für Refugees liegt in direkter Nähe zum Fußballplatz. Celestine Olis, der ehrenamtliche Trainer des Vereins, ist ehemaliger Profispieler, unter anderem in Serbiens Erster Liga, und musste vor drei Jahren vor Boko Haram aus Nigeria fliehen. Er gehört zu den nur circa drei Prozent der Geflüchteten, deren Antrag auf Asyl in den vergangenen Jahren vom kroatischen Staat anerkannt wurde.
Zu den Trainingsstunden von Zagreb 041 kommen regelmäßig Kinder und Jugendliche aus der Nachbarschaft und dem Aufnahmezentrum. Und hier beginnt auch das nächste Projekt des Vereins: Zwei Jugendmannschaften sollen aufgebaut werden. Goran erklärt: »Die Kids haben großes Interesse an Fußball. Viele haben gerade erst angefangen, Kroatisch zu lernen, manche von ihnen sprechen kein Englisch. Aber Fußball ist eine universelle Sprache und am Ende können wir immer zusammen Fußball spielen. Dadurch entsteht auch eine echte, integrative Verbindung mit der lokalen Community hier im Stadtteil.«
Zudem ist eine organisierte Jugendmannschaft eine Voraussetzung, um in die nächsthöhere Liga aufzusteigen. Dieses Jahr hat 041 seine erste Saison in der dritten Stadt­liga ­Zagrebs gespielt und verfehlte mit dem vierten Tabellenplatz nur knapp den Aufstieg. Ein riesiger Erfolg, denn das Team ist neu zusammengestellt und der Großteil der Spieler hatte zuvor noch nie an einem regulären Ligabetrieb teilgenommen.
Da der junge Verein als Neugründung über keine eigene Infrastruktur verfügt, muss alles von Grund auf organisiert werden. Die Finanzierung ist dabei das größte Problem. Ein Fußballplatz für Training und Heimspiele wird angemietet, Trikots müssen hergestellt und die Schiedsrichter der Liga bezahlt werden. Für die Jugendmannschaften steht nun das Anmieten eines weiteren Platzes an, der nächste große Kostenpunkt. Der derzeitige Platz im Süden Zagrebs ist ohnehin nicht in bestem Zustand, aber dafür bezahlbar. Denn der Verein finanziert sich komplett über private Spenden, alles läuft ohne Sponsoren oder staatliche Gelder. Das ist Teil des Konzepts, der Club soll unabhängig von geldgebenden Institutionen bleiben. Vor jedem offiziellen Spiel kochen daher Fans und spenden die Einnahmen aus dem Catering für die laufenden Kosten. Auf der Website des Clubs wurden zudem ein Onlineshop mit Soli-Fanartikeln und ein Spendenkonto eingerichtet, um die Infrastruktur zu finanzieren.