Vorbildliche Freude

Fangen wir mit dem an, was Torbergs Tante Jolesch in diesem wunderschönen Satz zusammenfasste: »Gott soll einen hüten vor allem, was grad noch a Glück is.« Grad noch ein Glück ist der Brexit nämlich, jedenfalls ein bisschen. Denn jetzt können die selbsternannten Europaskeptiker – also alle die, die davon ausgehen, dass Europa ihr Unglück ist, das nur auf der Welt ist, um ihre jeweilige Nation zu unterdrücken und im Prinzip auszurotten – erst einmal still dasitzen und zugucken, wie toll das in Großbritannien jetzt läuft. Ansonsten gab es in dieser Woche nur wenig Glück, wenn man nicht gerade zu den Fans der deutschen Nationalmannschaft gehört. Dafür konnte man aber eine Menge Teams mit netten, lustigen Fans adoptieren (und traurig sein, dass sie aus dem Turnier ausgeschieden sind). Wobei es im Prinzip die irischen Supporter waren, die am Ende für die Bilder sorgen könnten, die bleiben. Denn ihnen gelang das, was andere wohl nie schaffen werden: Besoffen sein wie nur was und trotzdem nicht gemein zu anderen Leuten sein. Ein Youtube-Video fasst die bisher bekannten Höhepunkte der grünen Begeisterung sehr schön zusammen, zu sehen sind beispielsweise irische und schwedische Fans, die mit vorbildlicher Freude und bemerkenswerter Textsicherheit gemeinsam Abbas »Dancing Queen« intonieren. Und irische Fans, die im Zug einem quengelnden französischen Baby Schlaflieder vorsingen. Und auf der Straße Autos von Rentnern reparieren. So viel Gutartigkeit hätte eigentlich automatisch mit einem Platz im Finale belohnt werden müssen, aber die Welt ist auch diese Woche nicht gerecht. Andererseits, wie Torberg einmal sagte: »Es könnte besser sein. Es könnte schlimmer sein. Und so, wenn mich nicht alles täuscht, ist das Leben.«