Rivera empört sich

Entschieden kritisierte Albert Rivera, der Vorsitzende der rechtsliberalen spanischen Partei Ciudadanos, am Donnerstag vergangener Woche ein linkes Plakat, das anlässlich des Besuchs Barack Obamas zu Protesten aufrief und dabei antiamerikanische und antisemitische Stereotype bediente. »Es ist besorgnis­erregend, dass Unidos Podemos diese antisemitische und gegen die Vereinigten Staaten gerichtete Politik praktiziert«, twitterte er. Jede Menge Retweets und Zustimmungen später wurde seine Kritik viel diskutiert. Dass das Plakat nicht vom Wahlbündnis Unidos Podemos, sondern von dessen kleinerem Bündnispartner, der Vereinigten Linken (IU), verantwortet wurde, übersah Rivera offenbar. Er verschwieg zudem, dass Pablo Iglesias, der Vorsitzende der Partei Podemos, an einem Bankett zu Ehren Obamas teilnahm. Seine Kritik war jedoch berechtigt. Die IU hatte aus Anlass des Besuches des US-Präsidenten in Madrid zu Protesten aufgerufen. Der Stadtverband Madrid der IU twitterte: »Sie besetzen und zerstören Länder, um sie auszubeuten. Diesen Sonntag sehen wir uns vor der Botschaft der USA. #ObamaGoHome«. Das dazugehörige Plakat zeigt einen Schwarzen mit Wulstlippen, der einem Weißen mit Kippa mit Israel-Flagge, Bart und Schläfenlocken Dollarscheine zusteckt, während beide sich umarmen. Die Vereinigung der jüdischen Gemeinden Spanien (FCJE) kritisierte es aufs Schärfste: »Izquierda Unida nutzt hier die ranzigsten antisemitischen­ Vorurteile und Stereotype in der Tradition der Nazizeitung Der Stürmer.«
Rivera hat sich mit seiner deutlichen Stellungnahme wohl auch deswegen vorgewagt, weil er die linke Konkurrenz kritisieren konnte. Dabei ist er keineswegs der integre Kämpfer gegen Antisemitismus, der er vorgibt zu sein. Im April 2009 verhandelte er ohne Wissen des damaligen Generalsekretärs seiner Partei, Antonio Robles, vor den Europa-Wahlen über ein Bündnis mit der europafeindlichen Partei Libertas, die für ihre antisemitischen Aussagen bekannt war. Robles behauptete, dass Rivera dies praktisch im Alleingang entschieden habe und es keine demokratische Entscheidungsfindung mehr bei Ciudadanos gebe. Er trat unter Protest aus: »Ich kann nicht mit diesen reaktionären Leuten zusammenarbeiten, die mal xenophob, mal homophob, mal antisemitisch und ultrakatholisch sind.« Dass ­Rivera nach der Europa-Wahl nicht weiter mit Libertas paktierte, lag am ausbleibenden Erfolg – nicht an deren antisemitischen Statements.