Über den Film »Independence Day: Wiederkehr«

Science-Fiction ohne Zukunft

20 Jahre nach »Independence Day« besuchen Roland Emmerichs Weltraumparasiten erneut die Erde.

Die Gelegenheit, Roland Emmerichs Film »Independence Day 2: Wiederkehr« zu sehen , hatte ich ausgerechnet am 24. Juni, also einen Tag nach dem britischen Ausstiegsreferendum. Na, das passt ja; gerade hatten die Briten auch ganz erfolgreich ihre Unabhängigkeit gegen die EU-Aliens verteidigt! Es war ein sehr heißer Tag; für den späten Nachmittag war ein »Ice Age 5«-Screening angesetzt. Prima! Untertitel: »Kollision voraus.«
Das passte nun wieder auf »Independence Day«, für den Emmerich, der Desaster-Meister, einen tollen Einfall hatte. Fast alle, die vor 20 Jahren beim ersten Teil mitgemacht haben, spielen jetzt auch wieder mit. Bill Pullman als fusseliger Präsident, Brent Spiner als struppiger Alien-Forscher, Jeff Goldblum als in die Jahre gekommener Wissenschaftler – sie werden gegen die brutale Alien-Übermacht kämpfen, können alles und wissen alles. Die Jugend hingegen, die in »Independence Day 2« vorkommt, ist wie die Jugend immer ist: unzurechnungsfähig und haut sich blaue Augen, doof mit Muskeln. Im Krieg wird man sicher wieder generationenübergreifend zusammenfinden.
Zur Erinnerung: Im Jahr 1996, in »Independence Day«, Teil 1, hatte sich der Himmel verdunkelt, 15 Meilen breite Raumschiffe hatten sich über den Großstädten platziert und die halbe Menschheit ausgerottet. Mit viel internationaler Zusammenarbeit war es gelungen, die Alien-Übermacht, die die Erde auszuplündern gedachte, zurückzuschlagen. Emmerichs Film erzählte kurzweilig episodisch, die Bilder waren spektakulär, die Botschaft gewissermaßen völkerverbindend.
Heute hat man die außerirdische Technik für die eigenen Zwecke nutzbar gemacht, gigantische Abwehrsysteme wurden installiert. In weiser ­Voraussicht, denn die versprengten Alien-Soldaten hatten noch Notsignale absetzen können. Nun droht ein neuer Krieg.
Dann rumpelt es, die Außerirdischen haben die Abwehr übertölpelt und landen auf der Erde, um den Erdkern zu klauen. »Das Raumschiff ist im Ozean gelandet«, sagt der Funkverkehr. »In welcher Region?« rauscht es zurück. »Überall.« Es ist ja auch 3 000 Meilen groß. Schön anzuschauen, nach fünf Sekunden sieht es aber auch wieder ­albern aus.
Nun muss sich die bedrohte Menschheit wie in jedem guten schlechten Film zur Wehr setzen, alle mal zusammenstellen, bitte. So schön der Film an manchen Stellen ist – wie bei allen Science-­Fiction-Streifen seit »Matrix« geht auch diesem hier schnell die Puste aus, spätestens nach der ­ersten Zerstörungswelle, die selbst schon wenig Neues zu bieten hat.
Aber wie die 3-D-Technik die Filmansicht im Kino verkleinert, wo sie doch das Gegenteil bewirken soll, ist auch die Geschichte vom puren Abwehrkampf, nach dem alles besonders gut wird, eine, die das große Genre Science-Fiction zur Mi­niatur macht. »Independence Day« kann seine Idee des Zusammenlebens immer nur ein bisschen negativ denken. Der Feind muss besiegt werden. Gebrauchte Bilder, hölzerne Dialoge: Gefangene werden nicht gemacht, »es wird keinen Frieden geben«, wie der Bill-Pullman-Präsident sagt. Dann stapft Mutter-Alien übers Land, die hier auch einen Second-Hand-Eindruck hinterlässt. In ähnlicher Form stakste sie als Weltraummotte durch den letzten Godzilla-Film.
Was den Film ein wenig depressiv macht, ist die von ihm transportierte Vorstellung, dass kollegiales Zusammenleben nicht ohne Bedrohung von außen funktioniert; seine Eindimensionalität, sein Vernichtungsdenken.
Humorlos und uninspiriert wie die Europäische Union. Alles so ein bisschen Science-Fiction ohne Zukunft. Dann lieber einen Exit in die kalte Vergangenheit. Kollision voraus: Per schwarzes Loch ins »Ice Age«!
Independence Day 2: Wiederkehr. USA 2016.Regie: Roland Emmerich. Darsteller: Jeff Goldblum,Bill Pullman. Start: 14. Juli