Sommer, Sonne, Pulverfass

Manche Lösungen wirken doch befremdlich. Der Rat der korsischen Gemeinde Sisco hat am Sonntag ein Verbot des Tragens der Burka an seinen Stränden beschlossen, gemeint ist damit der sogenannte Burkini. Das öffentliche Tragen der Burka ist in Frankreich bereits seit Jahren verboten. Die Entscheidung in Sisco folgte auf gewalttätige Auseinandersetzungen vom Wochenende. Der sozialistische Bürgermeister, Ange-Pierre Vivoni, begründete das Verbot auch damit, die »maghrebinische Bevölkerung zu schützen«. Pikanterweise gab er selbst zu, dass der Anlass für die Gewalt gar nicht der Burkini gewesen ist. Am Samstag war es am Strand von Sisco zu Ausschreitungen gekommen, in deren Verlauf mindestens vier Menschen verletzt wurden und rund 100 Polizisten zum Einsatz kamen. Burkiniträgerinnen gab es zwar auch, aber die blieben eher passiv. Sie sollen von Touristen fotografiert worden sein, was die Männer der muslimischen Familien auf den Plan rief. Diese sollen die Touristen angegriffen haben, lokale Jugendliche seien diesen zur Hilfe geeilt und hätten sich dabei xenophob geäußert. Religiös begründetes Mackertum traf also auf lokalpatriotischen Rassismus. Es kam zur Schlägerei, teils mit Waffen. In der Folge wurden auch Autos der muslimischen Familien angezündet und ein Mob von rund 200 Korsen zog später in Richtung eines Viertels, in dem viele nordafrikanische Migranten wohnen.
Das Problem liegt also tiefer als die Ablehnung islamistischer Badetracht. In Korsika sitze man »auf einem Pulverfass«, gab Vivoni zu. Dass er dieses entschärfen kann, indem er ein unsinniges Verbot verhängt, ist mehr als fraglich, es ist vor allem ein Zugeständnis an die Rassisten. Die »Gefahr für die öffentliche Ordnung«, die von der »Uniform des extremistischen Islamismus« ausgeht, wie der Bürgermeister von Cannes, David Lisnard, den Burkini bezeichnete, als er in seiner Stadt Ende Juli ein Verbot verhängte, betrifft nicht die nichtmuslimischen Betrachter von Burkiniträgerinnen, sondern vor allem muslimische Frauen und Mädchen, für die mit der Ausbreitung strenger islamischer Kleidungsstile der soziale Druck steigt, sich diesen anzupassen, auch wenn es theoretisch jeder freisteht, sich für gewisse Modetrends zu entscheiden. Gegen ein fragwürdiges Religions- und Geschlechterverständnis sowie Xenophobie hilft aber vor allem Aufklärung, kein Verbot.