In der Serie »Jean-Claude Van Johnson« spielt Jean-Claude Van Damme sich selbst

Zwei Männer und eine Kobra

Was macht eigentlich Jean-Claude Van Damme? Er tut, was er am besten kann, und spielt sich in einer neuen Serie selbst.

»Mein Name ist Jean-Claude Van Damme. Ich war mal sehr berühmt.« Etwas zerknittert sieht der berühmteste Schauspieler Belgiens mittlerweile aus, während er aus dem Off mit charmantem französischen Akzent seine missliche Lage kommentiert. So beginnt die vor einigen Wochen veröffentlichte, 30 Minuten dauernde Pilotfolge von »Jean-Claude Van Johnson«, einer Mischung aus Actionserie, Comedy und pseudobiographischem Porträt, in der der als »Muscles from Brussels« berühmt gewordene Karatemeister sich selbst spielt.
Das gab es so ähnlich schon für die große Leinwand: 2008 war Van Damme aus der Versenkung aufgetaucht und hatte in der Tragikomödie »JCVD« unter Regisseur Mabrouk El Mechri selbstironisch ein abgehalfterten Actionhelden gespielt. Im Film kehrt der enttäuschte Van Damme Hollywood den Rücken, um in seinem Herkunftsort Brüssel wieder Fuß zu fassen. Für seine überraschend differenzierte Darstellung erhielt Van Damme damals viel Anerkennung und mehrere Nominierungen als bester Schauspieler. Sein neues, für Amazons hauseigenen Streaming-Dienst produziertes Format soll ein ähnliches Konzept nun serienreif machen.
Und so quält sich der ehemalige Mr. Belgium in den vielversprechend absurden ersten Serienminuten durch den einsamen und freudlosen Alltag als gealterter Actionheld. Zu Jaques Brels »Ne me quitte pas« schlurft er durch seine sterile Villa, rollt lächerlich kurze Strecken auf dem Segway und muss sich von überdrehten Kellnern in hippen Restaurants mit anderen vergessenen Stars der neunziger Jahre verwechseln lassen.
Die wenigen Rollenangebote, die seine Agentin noch organisieren kann, sind selbst Van Damme zu albern: Eine der Kobras in der geplanten Action-Adaption von Rudyard Kiplings »Rikki-Tikki-Tavi« wäre zum Beispiel noch zu besetzen. Als Ausweg aus der Krise reaktiviert Van Damme sein Alter Ego Jean-Claude Van Johnson. Der ist eine Art Privatdetektiv und hat als C-Promi getarnt geheime Missionen zu erfüllen. Aus der Doppelrolle Van Damme/Van Johnson schöpft die Serie ihr Unterhaltungspotential und kann sich, auf der Metaebene sozusagen, über haarsträubende Elemente des Actionkinos lustig machen: abstruse Drehbücher, Dialoge und Kampfszenen – Klischees, die demontiert und zuleich genüsslich bedient werden.
Der Humor ist handfest und wird rasch vorhersehbar. Es ist schwer einzuschätzen, ob das Material für eine ganze Staffel genügt. Der Onlinehändler Amazon jedenfalls scheint daran zu glauben und gab Ende September bekannt, weitere Folgen in Auftrag gegeben zu haben.
Vorangegangen war eine Art Testlauf für drei potentielle Eigenproduktionen, bei dem die Abonnenten aufgefordert waren, ihre Favoriten zu wählen. Am Ende gab es kurioserweise für alle drei Formate grünes Licht, so dass neben »Jean-Claude Van Johnson« auch die Adaption des feministischen Bestsellers »I Love Dick« und die Animationsserie »The Tick« im kommenden Jahr auf den umkämpften Streaming-Markt kommen werden. Ob die Abstimmung für die Auswahl überhaupt ausschlaggebend war oder nicht: Der Wettbewerb hat Amazon Prime die bislang erfolgreichste Pilotsaison eingebracht. Und die Konkurrenzsituation hat »Jean-Claude Van Johnson« eine zusätzliche ironische Ebene verliehen, denn der echte Van Damme musste seine Fans in den sozialen Medien anhaltend um Unterstützung bitten, um seine Serie überhaupt platziert zu bekommen.
Die Zeiten kommerziell erfolgreicher Produktionen sind für Van Damme längst vorbei – seit 1999 hat es außer »The Expendables 2« (2012) keiner seiner Filme mehr ins Kino geschafft –, und das in der Serie so überspitzte Klinkenputzen findet wegen der Strategie Amazons seine Entsprechung in der Realität. Dass Selbstironie, Melancholie und aufwendig inszenierte Action einander nicht ausschließen, ist seit Parodien wie »Last Action Hero« (1993) oder auch den eigenen Mythos zerlegenden Sportdramen wie »The Wrestler« (2008) keine neue Erkenntnis.
Jean-Claude Van Damme scheint in dieser besonderen Form der Unterhaltung aber eine echte Chance zu wittern, würdevoll mit der eigenen Vergangenheit umzugehen. Bei Fans und Kritikern kommt die Strategie gut an und die Testfolge von »Jean-Claude Van Johnson« wurde überwiegend positiv aufgenommen. Es wird sich zeigen, ob die Serie ihr Potential als überdrehter Kommentar zu Aufstieg, Fall und Neuinszenierung des Jean-Claude Van Damme dauerhaft ausschöpfen kann oder ob sie doch der Versuchung nachgibt, die immergleiche Holzhammer-Action nur sarkastisch zu verkleiden.
Jean-Claude Van Johnson (USA 2016). Regie: Peter Atencio. Darsteller: Jean-Claude Van Damme, Kat Foster, Phylicia Rashad