Die Waffenfirma Sig Sauer will nicht schlechter aussehen als die Konkurrenz

Schielende Geschäftsmodelle

Die Firma Heckler & Koch will angeblich keine Kleinwaffen mehr an Staaten liefern, in denen damit schwere Menschenrechtsverletzungen verübt werden könnten. Der Konkurrent Sig Sauer will dem nicht nachstehen.

Nach dem Oberndorfer Waffenproduzenten Heckler & Koch teilte auch der Geschäftsführer der Rüstungsfirma Sig Sauer, Franz von Stauffenberg, kürzlich mit, man werde sich auf das Geschäft innerhalb Europas, der Nato und mit dem Militärbündnis gleichgestellten Ländern konzentrieren. »Das ist etwas Besonderes«, findet er: »Wir haben keine Geschäftsmodelle, die in kritische Drittstaaten schielen.«
Unabhängig vom Wahrheitsgehalt ist das zunächst eine gute Nachricht. Sie zeigt, dass die journalistischen Arbeiten zu den teilweise kriminellen Geschäften deutscher Kleinwaffenhersteller etwas bewirkt haben, etwa die ­Recherchen über die illegalen Lieferungen von G36-Gewehren von Heckler & Koch nach Mexiko. Wer derzeit seine Gewehre, Pistolen oder Granaten an Länder wie Saudi-Arabien, die Türkei oder Indonesien verkauft, ist nicht mehr überall gut angesehen. Das heißt für Leute wie den Mehrheitseigentümer von Heckler & Koch, Andreas Heeschen: »Wir müssen das schlechte Image korrigieren.«
Das sollte man nicht falsch interpretieren. Es heißt nicht, dass sich diese Firmen von ihren unappetitlichen Geschäftspartnern und ­damit von attraktiven Märkten verabschieden wollen. Vielmehr geht es darum, möglichst gut zu vertuschen, wohin die deutsche Qualitätsware geht. Zwar hofft der Oberndorfer Waffenbauer ebenso wie sein Konkurrent Sig Sauer aus Eckernförde in erster Linie darauf, künftig die Bundeswehr mit einem neuen Standardgewehr versorgen zu dürfen. Trotzdem bleiben beide Firmen in Krisenstaaten tätig, Sig Sauer auch in einem Land, aus dem Heckler & Koch den Rückzug antreten musste: Mexiko.
Seit 2011 dürfen die Schwaben wegen der illegalen Exporte keine Waffen mehr in den zentralamerikanischen Staat liefern. Die US-amerikanische Schwesterfirma von Sig Sauer hat jedoch seither ihre Verkäufe an mexikanische Soldaten und Polizisten exorbitant ­gesteigert. Ein Dokument des US-Kongresses über die Fiskaljahre 2015 und 2016 informiert, dass die in New Hampshire ansässige Sig ­Sauer Inc. Pistolen, Gewehre und Material im Wert von 266 Millionen US-Dollar nach Mexiko ausgeführt hat.
Auch der Mexiko-Bericht einer Konferenz zum Waffenexportkontrollvertrag ATT bestätigt große Lieferungen. Allein voriges Jahr verkaufte Sig Sauer Inc. demnach 2 363 Gewehre des Nato-Kalibers 5.56 x 45, 2 200 Pistolen des Kalibers neun Millimeter sowie etwa 3 000 weitere Handfeuerwaffen nach Mexico. Heckler & Koch-Haupteigentümer Heeschen liegt also durchaus richtig, wenn er mit Blick auf den Imageschaden seiner Firma sagt: »Die Konkurrenz nutzt das aus.«
Ob die Deals illegal sind, ist umstritten. Der Rechtsanwalt und Rüstungskritiker Holger Rothbauer geht davon aus, dass in den in New Hampshire gefertigten Waffen deutsche Technologie steckt. »Ohne Mithilfe des Headquarters in Eckernförde wären die Exporte der US-Schwesterfirma nicht möglich«, ist er überzeugt und will gegen das deutsche Unternehmen klagen. Dort weist man jede Verantwortung von sich. Die Produkte würden heute »primär von Sig Sauer Inc. in den USA entwickelt«.
Für jene, wie die Frauenrechtlerin Marisela Escobedo, die von Mafia-Killern mit einer Sig-Sauer-Waffe ermordet wurden, ändert das nichts. Vielleicht war der Verkauf dieser Pistole legal, weil er nicht unter das Kriegswaffenkontroll-, sondern nur unter das Außenwirtschaftsgesetz fällt. Das bestätigt aber nur eines: Die deutschen Gesetze sind noch immer untauglich, um Rüstungsfirmen das Handwerk zu legen, deren Güter in den USA, Saudi-Arabien oder Pakistan produziert und von dort unkontrolliert in alle Welt exportiert werden.