Die Mieten für Studentenwohnungen steigen deutlich

Teuer ist das Studentenleben

Die Wohnkosten für Studierende steigen bundesweit rasant. In Göttingen treibt ausgerechnet das Studentenwerk die Preise in die Höhe.

»Studentenwohnungen werden rasant teurer« – so oder ähnlich titelten bundesweite Medien in der vergangenen Woche anlässlich einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft. Die Einrichtung hatte die Mietpreisentwicklung für von Studenten genutzten Wohnraum an 15 deutschen Hochschulstandorten untersucht. Demnach sind die Kosten, die Studierende für eine Unterkunft aufwenden müssen, in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen. Der stärkste Anstieg sei mit 42 Prozent seit 2010 in Berlin zu verzeichnen. 416 Euro kostet ein durchschnittliches Studentenzimmer oder eine Einzimmerwohnung dort mittlerweile, in München sind es noch einmal 200 Euro mehr. Zurückzuführen sei diese Entwicklung vor allem auf Fehlplanungen städtischer Wohnungsbaupolitik. Der Mangel an geeignetem Wohnraum werde die Preise deshalb auch in den kommenden Jahren weiter in die Höhe treiben, so das Institut.

Glücklich könnte sich da schätzen, wer in einem Zimmer der Studentenwerke unterkommt. Diese verwalten vielerorts Wohnungen und Wohnheime und bieten entsprechend ihrem sozialen Auftrag traditionell verhältnismäßig günstige Unterkünfte. Auch im niedersächsischen Göttingen war das lange der Fall. Als das dort ansässige Studentenwerk allerdings vor einigen Monaten seine Mieten teils drastisch erhöhte, entbrannte in der Universitätsstadt ein Konflikt. Viele Bewohner der Häuser des Studentenwerks wehren sich gegen die Preissteigerungen ihres Vermieters.

Die Bewohner erfuhren erst im vergangenen Dezember vom Ausmaß der Mieterhöhung. Anstelle der bisher üblichen einfachen Verlängerung der Mietverhältnisse legte das Studentenwerk neue Verträge vor, in denen die Miete bis zu 50 Prozent angehoben worden war. »Wir sollten diese Verträge binnen einer Woche unterzeichnen, andernfalls würde man davon ausgehen, dass wir kein Interesse an der weiteren Nutzung unserer Wohnungen haben«, sagt Hauke Oelschlägel im Gespräch mit der Jungle World. Er lebt in einem selbstverwalteten Hausprojekt in Campusnähe, das dem Studentenwerk gehört. Gemeinsam mit seinen Mitbewohnern reichte er Widerspruch gegen die neuen Mieten ein.

Unterstützung erhielten sie dabei von der Wohnrauminitiative, einer Göttinger Kampagne zum Erhalt bezahlbaren Wohnraums, die bereits öfter die Belange Studierender und anderer armer Mieter erfolgreich zum Thema der Stadtpolitik gemacht hat. Auch in den vergangenen Wochen organisierte sie Protest, unter anderem wurde Ende Januar kurzzeitig das Foyer der studentenwerkseigenen Mensa besetzt. Die Bewohner dreier betroffener linker Wohnprojekte gingen unterdessen mit der Forderung nach kollektiven Mietverträgen an die Öffentlichkeit. Damit wollen sie sich gegen zukünftige Schikanen ihres Vermieters schützen.

Tatsächlich gleicht das Verhalten des Göttinger Studentenwerks eher dem einer privatwirtschaftlichen Immobiliengesellschaft als dem eines sozialen Trägers. Indem es die Verlängerung von Mietverhältnissen seit neuestem an den Abschluss neuer Verträge knüpft, wird es künftig möglich, ganzen Wohngemeinschaften zu kündigen, wann immer die in Studentenwohnungen übliche Wohnzeit eines einzelnen Bewohners endet, oder aber diesen zur Unterschrift zu den aktuellsten Konditionen des Studentenwerks zu nötigen. Damit umgeht das Studentenwerk mietrechtliche Vorschriften. Private Vermieter dürfen den Mietpreis innerhalb von drei Jahren maximal um 20 Prozent erhöhen – unter solchen Bedingungen wären die gegenwärtigen Anhebungen in Göttingen teils gar nicht möglich gewesen.

Den Einwand, dass Studierende bisher vergleichsweise günstig gelebt hätten, will Moritz Dietz von der Wohnrauminitiative auch aus anderen Gründen nicht gelten lassen: »Einige der neuen Mieten liegen deutlich über dem Bafög-Höchstsatz für Wohnen, durchschnittlich wurden die Mieten auf einen Schlag um 37 Euro angehoben. Es ist aber nun mal Aufgabe des Studentenwerks, erschwinglichen Wohnraum für Studierende anzubieten.« Die Einrichtung begründet die Mieterhöhungen ihrererseits mit dringend notwendigen Sanierungen in Millionenhöhe. Dietz fordert vom Studentenwerk, das Missmanagement der vergangenen Jahre nicht auf seine Mieter umzulegen. Vielmehr müsse sich das Studentenwerk bei der rot-grünen Landesregierung für einen finanziellen Ausgleich einsetzen.

Wie in anderen Bundesländern stellt auch in Niedersachsen der Mangel an studentischem Wohnraum ein Problem dar. Nur jeder zehnte Studierende bekommt hier einen der geförderten Wohnplätze, in der Landeshauptstadt Hannover gar nur jeder fünfzehnte. In Göttingen standen zu Beginn des Wintersemesters fast 2 000 Personen auf der Warteliste der Wohnheimverwaltung. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich das Land beharrlich geweigert, die Studentenwerke zu bezuschussen. Auch ein vor kurzem aufgelegtes Sonderprogramm zum Bau neuer Wohnplätze dürfte bei weitem nicht ausreichen, um die Lage zu entspannen. Zugleich hat das Studentenwerk große Rücklagen angehäuft, ohne damit die fälligen Sanierungen anzugehen.

Angesichts dessen regt sich Widerstand in Göttingen, nicht nur von Linken. Das Bündnis »Wohnheime gegen Mieterhöhungen«, ein Zusammenschluss vieler bis dato unorganisierter Studierender, sammelt Hunderte Protestbriefe an das Studentenwerk. Im Gegensatz zu den von der Wohnheiminitiative vertretenen Häusern haben einige dieser Bewohner allerdings die neuen Mietverträge bereits unterschrieben. Die drei linken Wohnprojekte, die für kollektive Mietverträge eintreten, suchten dagegen mehrfach den Kontakt zum Studentenwerk, ohne aber von ihrem Standpunkt abzurücken. Oelschlägel erklärt die entschiedene Haltung: »Wir können uns nicht nur die neuen Mieten schlichtweg nicht leisten, wir finden es auch politisch falsch, die unsoziale Gangart unseres Vermieters mitzutragen.«

Der zeigte sich zunächst allerdings wenig gesprächsbereit. So wohnen seit dem ersten April die meisten Bewohner der betroffenen Wohnprojekte ohne gültigen schriftlichen Mietvertrag. Das Studentenwerk drohte bereits mit Räumungsklagen, wich aber nach öffentlicher Empörung zurück. Seit der vergangenen Woche laufen neue Verhandlungen mit der Wohnrauminitiative und den vertragslosen Bewohnern.