Die Rolle von politischer Satire in den USA

I wanna be sedated

Satire gilt als Wunderwaffe gegen die Politik Donald Trumps, denn für einen Schenkelklopfer ist der Präsident immer gut. Doch das Gelächter lenkt ab.
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Eine Armee der Satire – nicht mehr und nicht weniger forderte Michael Moore, eines der Lieblingskinder des linksliberalen Amerika, jüngst in einer Folge von Stephen Colberts »Late Show«. So dünnhäutig sei Präsident Donald Trump, so unfähig zu ertragen, wenn über ihn gelacht wird, dass man nur viele kleine scharfe »Comedy-Klingen« brauche, um ihn zu Fall zu bringen. Als Beweis für die Macht der Satire verwies Moore auf die Komikerin Melissa McCarthy, die durch ihre Imitation bei »Saturday Night Live« geradezu im ­Alleingang dafür gesorgt habe, dass Sean Spicer, der Pressesprecher des Weißen Hauses, seinen Posten räumen musste.

Michael Moores größenwahnsinnige Kriegspläne zeugen von der gesellschaftlichen Wirkmacht, die der Satire seit dem Amtsantritt Donald Trumps zugeschrieben wird. Tatsächlich haben zahlreiche Late-Night-Formate, die man hierzulande mehr schlecht als recht nachahmt, vom neuen Regierenden im Weißen Haus profitiert. Stephen Colberts »Late Show« zog zeitweilig Branchenführer Jimmy Fallon vorbei, dessen Einschaltquoten nicht zuletzt wegen seines als harmlos kritisierten – »humanisierenden« – Interviews mit dem damaligen Kandidaten Trump sanken. Die Shows von Seth Meyers, Samantha Bee, John Oliver und Jon Stewarts Nachfolger Trevor Noah, sie alle erfreuen sich größter Beliebtheit bei einem Publikum, das noch immer nicht recht verarbeitet hat, dass Hillary Clinton nicht Präsidentin wurde.

Die Akzente werden dabei unterschiedlich gesetzt: John Oliver verbindet investigativen Journalismus und Comedy, Seth Meyers hat gewissermaßen die Nachrichtenpersiflage aus »Saturday Night Live« zum eigenen Format aufpoliert, Samantha Bees »Full Frontal« – im Ton sicherlich die bissigste Sendung – legt einen Schwerpunkt auf feministische Themen, Trevor Noah wiederum widmet sich bevorzugt dem Rassismus. Die identitätspolitische Fragmentierung ist auch an der Comedy-Szene nicht spurlos vorbeigegangen; so gibt es bei Seth Meyers ein Segment mit dem Titel »Jokes Seth can’t tell«, wo die Pointe eines Witzes jeweils von einer weißen lesbischen und einer heterosexuellen schwarzen Korrespondentin erzählt wird. Einig sind sie sich freilich in der Wahl ihres Lieblingsobjekts, dem US-Präsidenten, der in allen Sendungen einen Großteil der Zeit okkupiert. Angesichts der Polarisierung, die das Land derzeit erlebt, und der Tatsache, dass Trump selbst nicht selten unter die Gürtellinie zielt, ist das zunächst kein Wunder. Die unfreiwillige Komik, die Konzeptlosigkeit und Widersprüchlichkeit, mit der der Präsident agiert, sind ein gefundenes Fressen für die Comedians.

Darin liegt aber zugleich das Problem. So unterhaltsam diese Formate auch sein mögen, bestätigen sie doch vor allem die eigene moralische Überlegenheit und stiften tröstende Einigkeit in einem linksliberalen Milieu, dessen stellenweise Arroganz Trumps über­raschenden Wahlsieg zwar nicht verursacht, aber die gesellschaftlichen Probleme, die zu diesem beigetragen haben, lange ausgeblendet hat. Nicht nur gleichen und wiederholen sich die Witze – über Trumps Hände, die Rechtschreibfehler seiner Tweets, das Verhältnis zu seinem Sohn Eric oder seiner Ehefrau Melania. Der Satire bleibt auch oft nichts anderes übrig, als die Ereignisse des Tages zu skandalisieren und umso schärfer und persönlicher zu werden, je weiter sich das politische Geschehen dem Verständnis und der Einflussnahme entzieht. Die Einigkeit, die im gemeinsamen, tröstenden und zuweilen schlicht hilflos gehässigen Lachen hergestellt wird, spiegelt den Anhängern Trumps genau das wider, was der Präsident seit dem Wahlkampf ständig hervorruft: einen elitären, stets gleichklingenden und arroganten Block, der sich die Wähler Trumps nur als Verrückte und Reaktionäre vorstellen kann. Die Gründe für die Beliebtheit solcher Formate auch in Deutschland dürfte ebenso in einer – freilich anders gelagerten – Sehnsucht nach moralischer Überlegenheit zu suchen sein. So tendiert das Gelächter dazu, zum Beruhigungs- und Ablenkungsmittel zu werden. Warum Trump die Wahl gewonnen hat und was seine Anhänger antreibt, wird man so nicht begreifen können.