Platte Buch

Schläfer am Rand

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Nick Nicely ist kein Name, der in der Musikpresse oft auftaucht, und doch wird der Mann in gut unterrichteten Kreisen als Legende gehandelt. Tatsächlich klingt sein einziger auch nur annähernd so zu bezeichnender Hit »Hilly Fields« von 1982 heutzutage noch angenehm spleenig. Die unerschrockene Mischung aus Drumcomputer, beatleskem Gesang, Samples und psychedelischen Effekten markierte den Beginn wie den Höhepunkt seiner Karriere, die stets in der Peripherie der britischen Musikszene verharrte. Erfolge stellten sich für ihn erst wieder in den frühen neunziger Jahren als Produzent diverser Acid-House-Projekte ein. Wirklich bekannt wurde der 1959 als Nickolas Laurien geborene Nicely aber nie.

Groß zu kümmern scheint ihn das nicht: Nicely ist in seinen Videos nur mit verhülltem Gesicht zu sehen und große Gesten finden weder visuell noch musikalisch statt. So klingt das eben erschienene Album »Sleep Safari« wie in warme Bässe und perlende Synthesizer-Arpeggios übersetzte Gelassenheit. Die Acid-House-Vergangenheit blitzt gelegentlich in den Drums auf, ansonsten bleibt die Grundstimmung die einer dem Titel entsprechenden wohligen Schläfrigkeit. Mehr Synthpop als Psychedelic, federt das Album jede im Elektronischen aufkommende Kühle mit akustischen Gitarrenlinien, warmen Flächen und dem Gesang Nicelys ab.

Mal erinnert dessen Intonation an die verspulte Naivität Syd Barretts, mal an den späten Leonard Cohen, zumeist wird sie ohnehin wie alle anderen Instrumente auch als mit Effekten flexibel formbares Material behandelt. Rhythmik und Dynamik werden sanft variiert, so dass die Aufmerksamkeit bei aller Verspieltheit nie überstrapaziert wird. Wie der einsame Wanderer auf dem herrlich altmodisch aussehenden René-Magritte-Gedenk­cover bleibt man beim Hören außerhalb dieser vor sich hin tönenden Soundscapes und kann aus der Ferne in den Kopf eines Künstlers schauen, der seit Jahrzehnten nichts von ­seiner Eigenwilligkeit eingebüßt hat.