Die Palästinenser interessieren die USA und die sunnitischen Staaten weniger als der Iran

Es geht um den Iran

Donald Trump hat in einer Rede Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannt. Die Reaktionen zeigen vor allem eines: Um die Palästinenser geht es immer weniger, sondern vielmehr um die Rolle des Iran in der Region.
Kommentar Von

Historisches Bewusstsein lässt sich Donald Trump gewiss nicht nachsagen. Denn sonst hätte der US-Präsident vielleicht bemerkt und darauf hingewiesen, dass seine Rede vom Mittwoch vergangener Woche, in der er Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannte und den baldigen Umzug der US-Botschaft von Tel Aviv dorthin ankündigte, fast genau auf den 100. Jahrestag der Eroberung der bis dahin von den Osmanen beherrschten Stadt durch britische Truppen ­unter General Edmund Allenby fiel. Stattdessen kritisierte er lieber seine Vorgänger, die sich beharrlich geweigert hatten, den 1995 vom Kongress verabschiedeten Jerusalem Embassy Act zu verwirklichen, der den Umzug längst vorgesehen hatte. »Wir können ­unsere Probleme nicht lösen, indem wir die Ideen und Strategien, die sich bereits in der Vergangenheit als falsch erwiesen haben, einfach nur wiederholen«, sagte er. »Neue Denkansätze sind deshalb notwendig.«

Spätestens an dieser Stelle hätte man auf palästinensischer Seite hellhörig werden müssen. Zwar bekannte sich Trump weiterhin zu einer Zweistaatenlösung. Nur die Frage des Status Jerusalems war für ihn damit schon einmal bis auf weiteres geklärt. Was waren die Reaktionen in Ramallah und Gaza? Wie der berühmte Pawlow’sche Hund spulten Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas und seine Kollegen das bekannte Verhaltensrepertoire ab: Flaggen und Trump-Puppen verbrennen sowie martialisch zu reden von den »Toren der Hölle« und »Tagen des Zorns« – als hätten zuvor »Wochen der Harmonie« geherrscht. Aber viel frustrierender dürfte für sie die ­Erkenntnis gewesen sein, dass sich in der arabischen Welt kaum noch jemand dafür interessiert, ob sie auf die Straße gehen oder nicht – zumindest in den sunnitischen Staaten. Im Iran war Trumps Entscheidung das große Thema. »Ich dachte, heute bricht ein Krieg aus«, bringt eine Schülerin in Ostjerusalem die Stimmung auf den Punkt. »Aber offensichtlich gibt es kaum Reaktionen.«

Denn in Jordanien, Ägypten und Saudi-Arabien ist man mit etwas anderem beschäftigt: mit der Bedrohung aus dem Iran. Die Ambi­tionen des dortigen Regimes, eine Art schiitischen Block vom Persischen Golf über den Irak und Syrien bis zum Mittelmeer zu schaffen, lassen diese Länder enger mit Israel zusammenrücken. Selbstverständlich sind das alles keine Liebesbeziehungen, sondern Kooperationen im Sicherheitsbereich, über die möglichst wenig an die Öffentlichkeit dringen soll.

Da sind die Palästinenser allenfalls ein Störfaktor. Entsprechend muss Abbas mal nach Kairo, mal nach Riad reisen, wo er die Order erhält, den Ball flach zu halten. Und der Hamas wird dringend geraten, kein Geld mehr aus dem Iran anzunehmen.
Trump kommt die Annäherung zwischen den sunnitischen Staaten und Israel sehr gelegen. Denn solange es israelische Flugzeuge sind, die die im Bau befindlichen iranischen Militärbasen in Syrien zerstören, muss er keine US-amerikanischen Verbände in Marsch setzen. Jerusalem als Hauptstadt anzuerkennen, kostet nur ein müdes Lächeln und verursacht weniger Stress, als das gefährliche Atomabkommen mit den Mullahs platzen zu lassen oder erneut Sanktionen gegen den Iran durchzusetzen. Mehr Sicherheit bringt dieses Chanukka-Geschenk Israel also nicht. Außerdem können Umzüge sich hier bekanntlich verzögern. Deswegen nennt Trump auch keinen Termin. Bis die Möbelwagen vor der US-Botschaft auf der Hayarkon in Tel Aviv vorfahren, dürfte wohl noch einige Zeit vergehen.