Eine »Liste Wagenkencht« wäre nicht links

Das andere Links

Nach dem Vorschlag von Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine für eine linke Volkspartei gilt für Linke mehr denn je: Es bleibt kompliziert.
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Die meisten Menschen, mit denen ich Umgang pflege, ordnen sich politisch irgendwo links ein. Die allerwenigsten von ihnen haben bei der Bundestagswahl für die Linkspartei gestimmt. Nun ist so eine persönliche Filterblase sicher nicht repräsentativ, aber man darf annehmen, dass unter den fast 30 Prozent Nichtwählerinnen und Nichtwählern so einige sind, die nicht zur Wahl gingen, weil alle Parteien einen Wettlauf im Übernehmen von AfD-Positionen geliefert haben. Hinzu kommen dürften diejenigen, die sich von ihrer Stimme für Linkspartei, Grüne oder gar SPD ernsthaft erhofft hatten, dass diese den Angstbeißern für Deutschland entgegen­treten, und nun mal wieder eines Schlechteren belehrt werden.

Insofern besteht tatsächlich ein Potential für eine Sammlungsbewegung links der »Mitte« – wo immer man die angesichts der grassierenden Rechtsorientierung verorten mag. Dass eine solche nun allerdings ausgerechnet von Sahra Wagenknecht und Oskar ­Lafontaine gefordert wird, deren Querfrontambitionen ein wichtiger Grund dafür sind, dass Linke die Partei »Die Linke« nicht wählen, ist ungefähr so widersinnig, als würde Gerhard Schröder sich für eine Erneuerung der SPD starkmachen.

Aber dem duo infernale der Linkspartei geht es auch gar nicht um diejenigen, die sich von einer Politik abgestoßen fühlen, in der es nur noch um die Frage zu gehen scheint, wer sich am weitesten ins Rektum der Hassbürger vorarbeitet. In der Forderung nach einer »linken Volkspartei« steht das Volk bereits an prominenter Stelle. Wagenknecht und Lafontaine haben immer wieder deutlich gemacht, dass ihr Verständnis in erster Linie armen Einheimischen gilt, denen wegen Hartz IV und böser Wessis irgendwie gar nichts anderes übrigbleibe, als ihre Ängste und Sorgen durch das Wählen von Nazis und Angriffe auf Flüchtlinge zu artikulieren.

Rassistenversteher, die SPD-Wähler für sich gewinnen wollen, wären eigentlich eher bei Sigmar Gabriel als beim irgendwie noch linken Flügel anschlussfähig. Der Juso-Vorsitzende und erklärte Gegner einer Großen Koalition, Kevin Kühnert, zeigte sich denn auch wenig begeistert: »Linke Mehrheiten müssen gegen Oskar ­Lafontaine gefunden werden, nicht mit ihm.«

Auch in der Linkspartei selbst kommt der Vorschlag nicht allzu gut an und wird als Aufruf zur Spaltung verstanden. Was ja grundsätzlich ein hübsches Szenario sein könnte: Die Fans der »Volkspartei« machen ihr eigenes Ding und verschwinden bald in der Versenkung, weil die Leute dann doch lieber das blau-braune Original wählen.

In der Restpartei hingegen könnte man sich auf soli­darische, aufklärerische und »vaterlandslose« linke Grundsätze besinnen, die tatsächlich eine Alternative bieten würden. Eine ­solche Perspektive entwirft beispielsweise Kathrin Vogler, die gesundheitspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Linkspartei, im Neuen Deutschland in einer eigentlich recht lesenswerten ­Entgegnung auf Lafontaine. Leider ist Vogler allerdings auch eine jener Links-Linken, deren Internationalismus sich schon mal darin ausdrückte, die Abstimmung der Fraktion über einen Beschluss ­gegen Antizionismus und Antisemitismus zu boykottieren. Auch ohne ihre beiden Querfront-Promis hätte die Linkspartei also noch einiges zu tun, um sich Freunde in meiner politischen Filterblase zu machen.