Die Korruption im Iran ist eng mit dem staatlichen Erdölhandel verbunden

Iranischer Embargobruch

Die Korruption im Iran ist eng mit dem staatlichen Erdölhandel verbunden. Der sogenannte türkische Goldskandal um den Händler Reza Zarrab ist faktisch ein iranischer Ölskandal.

Korruption! Kaum ein Nahost-Korrespondent mag auf das Wort verzichten, wenn er versucht, seinem Publikum die iranischen Verhältnisse verständlich zu machen. Auch die iranische Presse berichtet gern und oft von Bestechungsvorwürfen gegen prominente Per­sonen in allen politischen und gesellschaftlichen Lagern. Man gewinnt den Eindruck, im Iran seien alle irgendwie bestechlich und das ganze System sei korrupt. Doch hinter dem Generalverdacht können sich konkrete Täter gut verstecken.

Wenn man aber versucht, einzelnen Sachverhalten auf den Grund zu gehen, stößt man zunächst auf einen spekta­kulären Auftritt des ehemaligen Präsidenten Mahmud Ahmadinejad vor der Majles, dem iranischen Parlament. Der konservative Hardliner hatte gegen Ende seiner zweiten Amtszeit wiederholt Konflikte mit den Abgeordneten auszufechten, die seiner selbstherrlichen Personalpolitik bei der Besetzung von Regierungsposten ihre Zustimmung verweigerten. Ahmadinejad machte Parlamentspräsident Ali Larijani für die Obstruktion verantwortlich und schlug zurück: Anfang Februar 2013 spielte er vor der Majles ein ­Tondokument ab, das ein Gespräch zwischen Larijanis Bruder Fazel und dem Leiter der Organisation für soziale Sicherheit (einer staatlichen Sozialversicherung), Saeed Mortazavi, wiedergab.

Mortazavi war zuvor Generalstaatsanwalt von Teheran (2003-2009) und des Iran (2009/2010) gewesen. Mit Hinrichtungen und Folterungen, die auf sein Betreiben zurückgingen, war er selbst für die Maßstäbe der iranischen Justiz zu weit gegangen – Anlass für Ahmadinejad, ihn auf einer anderen Position unterzubringen. An Morta­zavi wandte sich Fazel Larijani mit dem Angebot, sich bei seinen einflussreichen Brüdern für eine milde Strafe einzusetzen, wenn er dafür im Gegenzug eine Staatsfirma aus dem Imperium der ­Organisation für soziale Sicherheit günstig erwerben könne. Denn der dritte Larijani-Bruder, Sadegh, hatte damals schon das Amt des Leiters der Justiz inne, nicht der Regierung, sondern direkt dem Obersten Führer Ali Khamenei untersteht.

Ahmadinejads Parlamentsrede endete in Chaos und Tumulten. Larijani drehte ihm das Mikrophon ab. Einige Tage später wurde er von Khamenei wegen ungebührlichen Verhaltens gerügt. Doch die Szene war im Staats­fernsehen zu sehen gewesen und hatte einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Ähnlich nachhaltig wirkten spätere Berichte über Sadegh Larijani. Demnach unterhielt er 63 Konten bei der iranischen Nationalbank, mit denen er die Einnahmen der Justiz persönlich verwaltete. Die Regierung stand ihm bei und versicherte, das sei schon immer so gewesen und habe seine Richtigkeit. Fragen nach dem Verbleib der Zinsen, die auf umgerechnet 62 Millionen Euro jährlich geschätzt wurden, beantwor­tete sie nicht.

 

Ahmadinejad suchte einen loyalen Revolutionsgardisten mit kauf­männischem Talent, um ihn zur Aufrechterhaltung der iranischen Ölexporte einzusetzen. In Zanjani fand er ihn.

 

Im Sommer 2013 waren Ahmadinejads Tage als Präsident gezählt. Hassan Rohani trat als »Hoffnungsträger« die Nachfolge an, begleitet vom Jubel auf den Straßen Teherans und von Vorschusslorbeeren westlicher Diplomaten. Entschieden wollte er die »ruinöse Lage« der Wirtschaft und die »uferlose Korruption« bekämpfen, ohne Ross und Reiter zu nennen. Voraussetzung dafür sei eine gütliche Lösung im Atomstreit mit dem Westen. Was darunter zu verstehen war, erfuhr Claudia Roth aus erster Hand, als sie in ihrer ­Eigenschaft als Bundestags-Vizepräsidentin im Januar 2015 Ali Larijani ­besuchte. In einem Gastbeitrag für Die Zeit berichtete sie, es gebe im Iran eine »große Gruppe von Sanktionsgewinn(l)ern in einer gut organisierten Schattenwirtschaft, die alles dafür tun, dass sich daran nichts ändert«. Mit der ­Aufhebung der Sanktionen würden also auch die Bedingungen verschwinden, unter denen diese Kreise so erfolgreich operierten.

Larijani, der solche Erkenntnisse gern weitergab, spielte damit auf den Fall des iranischen Unternehmers Babak Morteza Zanjani an, der Ende 2013 ­wegen Korruption festgenommen und 2016 zum Tod verurteilt wurde. Ihm wird vorgeworfen, während des Sanktionsregimes iranisches Öl auf dem Schwarzmarkt verkauft und dabei über 2,7 Milliarden US-Dollar veruntreut zu haben. Der Geschäftsmann verteidigt sich mit dem Argument, das Geld hätte wegen der Restriktionen im Zahlungsverkehr nicht transferiert werden können und sei auf diversen Konten in Fernost noch vorhanden.