Kritische Astrologie - Der Hund und seine Macht über unser Leben

Chico, unsere Ehre heißt Treue!

Kolumne Von

Es ist wahrscheinlich weniger den Sternen als dem plötzlichen Temperaturanstieg der letzten Wochen zu verdanken, dass alle noch etwas flotter am Rad drehen als sonst. Trotzdem ist die »Debatte« (Sandra Maisch­berger) um den ermordeten Kampfhundwelpen Chico auch für die kritische Astrologie interessant. Der arme Hund, verraten und verkauft, entrechtet und geknechtet, in den Wahnsinn getrieben und dann rücksichtslos totgespritzt, steigt in diesen Wochen zum heimlichen Ich-Ideal der Deutschen auf. Und mit Recht! Liegen wir nicht alle irgendwie in Ketten? Sind wir nicht alle in einen Kellerzwinger gesperrt, jedenfalls psychologisch beziehungsweise gar welthis­torisch? Werden wir nicht alle mit dem falschen Hundefutter gefüttert, so kapitalismusmäßig? Und ist es da nicht zwangsläufig, dass wir dann irgendwann durchdrehen, um uns schlagen? Ja, ja und nochmals ja.

Der Hund scheint dabei in der politischen Imagination den Platz einzunehmen, den früher der »ehrliche deutschen Arbeiter« innehatte. Schon rein anthropologisch mit der Sphäre der Jagd und des Existenzkampfs verbunden, ist der Hund im wahrsten Sinn des Wortes ein Arbeitstier. Der Hund muss schaffen, im Gegensatz zur faulen Katze und zum eitlen Piepmatz ist er in den gesellschaftlichen Produktionsprozess ein­gespannt, bringt Leistung, schuftet mit, ist unser Partner mit der feuchten Schnauze. Was genau Chicos Arbeitsplatzbeschreibung war, ist nicht so wichtig, da sein Job bestimmt schon vor seiner Geburt von einem arabischen Windhund (Sloughi) gestohlen wurde. Chico war, wie der Deutsche, zum Kämpfen geboren, wie der Deutsche durfte er es aber nicht – und wie der Deutsche zerbrach er letztlich daran. Gerne hätte er ein stolzes Heim geschützt, vor Banditen und Ausländern – zum Dank wurde er von Behörden gegängelt und von den Medien als Nazi, Quatsch, als Bestie dargestellt. Und schließlich wurde er umgebracht, mit Gift, der heimtückischen Waffe der Frauen und Juden! So erklärt es sich, dass man um Chico trauert wie sonst nur um Rudolf Heß.