Das Transfersystem im mexikanischen Fußball steht vor einer grundlegenden Änderung

Weniger Rechte als ein Arbeiter

Zum ersten Mal wehren sich Mexikos Fußballspieler gegen die mächtigen Clubpräsidenten.

Das gab es noch nie in der Geschichte des mexikanischen Fußballs: Vertreter der Profifußballergewerkschaft Asociación Mexicana de Futbolistas (AMF Pro) und die Führung des mexikanischen Fußballverbands sowie der Liga kamen in Mexiko-Stadt zusammen. Dabei ging es vor allem um Änderungen bei den Transferregeln und die Aufhebung der sogenannten Gentlemen-Vereinbarung.

Anlass waren die Vorgänge um einen mexikanischen Nationalspieler. Im vergangenen Winter hatte der Fall Oswaldo Alanís für große Aufregung im mexikanischen Fußball gesorgt. Nach einigen herausragenden Spielzeiten und dem Gewinn der Meisterschaft mit Santos Laguna war der Innenverteidiger 2015 zum Traditionsclub Chivas Guadalajara gewechselt. Im September 2014 hatte er zudem in der mexikanischen Nationalmannschaft – bei der Fußball-WM im Sommer in Russland Vorrundengegner der deutschen Mannschaft – sein Debüt gegeben. Eine hervorragende Verstärkung also für Guadalajara. Mit dem Verein gelangen dem Sportler dann zwei Pokalsiege und ein Triumph im Superpokal, im vergangenen Mai gewann Chivas mit Alanís als wichtigem Mann in der Abwehr nach langer Durststrecke wieder die Meisterschaft.

Doch Zufriedenheit stellte sich trotz allem nicht ein. Als Alanís’ Vertrag auslief, forderte der Sportler mit Verweis auf die bisherigen Erfolge eine Gehaltserhöhung im neuen Zweijahresvertrag. Chivas jedoch lehnte ab – obwohl es kaum andere Innenverteidiger von der Klasse des Spielers gibt.

Wegen der Weigerung des Clubs musste Alanís die Saisonvorbereitung zusammen mit der zweiten Mannschaft absolvieren. Das einzige Angebot, das Chivas ihm machte, war ein Vertrag über sechs Monate – in Mexiko werden zwei Meisterschaften pro Kalenderjahr gespielt – bei gleichbleibendem Gehalt. Alanís blieb nur die Wahl, den angebotenen Vertrag zu akzeptieren oder auf Leihbasis zu einem anderen Verein zu wechseln.

In jeder anderen Liga wie etwa der Bundesliga und der englischen Premier League hat der Spieler, zumal zu Vertragsende, das letzte Wort darüber, mit welchem Verein er verhandeln und zu welchem er schließlich wechseln möchte – nicht so in Mexiko. Denn in dem Land gibt es eine im Weltfußball einmalige Regelung bei Spielerwechseln: den sogenannten Draft-Tag. An diesem Tag setzen sich die Clubpräsidenten zusammen und handeln Spielerwechsel unter sich aus – unabhängig von der Zustimmung der Sportler. Das erinnert ein wenig an die Praxis im US-amerikanischen Profibasketball und -football. Alanís wurde am Draft-Tag von keinem Club als neuer Spieler gekauft, auch sein bisheriger Verein bekundete kein Interesse an ihm.

Dazu kommt in Mexiko die sogenannte Gentlemen-Vereinbarung (pacto de caballeros), eine nicht niedergeschriebene Übereinkunft zwischen den Vereinen der ersten mexikanischen Liga aus dem Jahr 2002, die den Spielern Clubwechsel erschwert. Demnach muss der Verein zustimmen, wenn ein Spieler bei Vertragsende zu einem anderen mexikanischen Club wechseln möchte, meist wird dabei auch noch eine Geldzahlung fällig. Diese Vereinbarung gilt auch, wenn ein Spieler aus dem Ausland zurückkehrt und wieder in der mexikanischen Liga spielen will: Der Verein, bei dem er zuletzt in Mexiko unter Vertrag stand, muss den Einsatz bei einem anderen Club bewilligen. Spieler könen also ohne Einverständnis ihres Clubs nicht zu einem anderen mexikanischen Verein wechseln – selbst längst nach dem Vertragsende.