Tausende junge Georgier protestieren gegen Razzien in Technoclubs

Raven gegen Repression

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Während am 13. Mai erneut Tausende vor dem Parlament gegen Polizei­repression protestierten, wurde der Platz von gewaltbereiten Neonazis und deren Sympathisanten umzingelt. Ein enormes Polizeiaufgebot trennte die beiden Gruppen. Erinnerungen an den 17. Mai 2013 wurden wach, als es am ­Internationalen Tag gegen Homophobie, Transphobie und Biphobie zu einem von orthodoxen Priestern angeführten Pogrom kam: Ein Mob aus 20 000 Anhängern des Klerus attackier­te eine Kundgebung gegen Homophobie, mehr als 20 Menschen wurden teils schwer verletzt. Dieses Mal konnte die Polizei nur mit Mühe die Durchbruchsversuche der sichtlich blutrünstigen Neonazis verhindern.
Am 14. Mai kurz nach Mitternacht traf Innenminister Giorgi Gacharia zu Verhandlungen mit der Antirepressionsbewegung ein. Um Deeskalation be­müht versprach er, mögliche Verstöße der Polizeikräfte zu untersuchen und die Drogengesetze neu zu verhandeln. Er entschuldigte sich für etwaige Verstöße der Polizei, im Gegenzug sollten die Protestierenden vorerst abziehen. Diese willigten ein und ließen sich evakuieren.

Mittlerweile hat sich die Ansicht verbreitet, dass die Regierung den Neo­naziaufmarsch zugelassen hat, um den Antirepressionsprotest zu beenden. »Im ersten Moment haben viele von uns über die Ansage des Innenministers gejubelt, doch jetzt fühlen sich viele von uns betrogen«, erzählt Dato ­Subeliani, ein Mitglied der Bewegung »Weißes Rauschen«, die sich seit fünf Jahren für eine liberale und risikomini­mierende Drogenpolitik einsetzt. Subeliani betrachtet auch die Versprechen des Innenministers mit Skepsis: »Die Untersuchung von Fehlern der Behörden sollte eigentlich Routine sein.

Außerdem liegen unsere Gesetzesvorschläge seit einem Jahr dem Parlament vor, warum sollten sie ausgerechnet jetzt ihre Meinung ändern?«

Zeigt sich das Innenministerium in den Verhandlungen wenig kooperativ, will die Bewegung erneut auf die Straße gehen. Subeliani beschreibt die Lage aber als kompliziert: »Wir sind stets der Bedrohung von gewalttätigen Gegenprotesten ausgesetzt, egal ob wir für LGBT-Rechte, eine liberale Drogen­politik oder gegen staatliche Repression protestieren. Die Ereignisse vom Wochenende waren sehr aufwühlend für uns alle und drohen, uns zu entzweien. Wir dürfen dies nicht zulassen und müssen vereint bleiben. Nur so haben wir eine Chance.«

Wie es mit den Clubs weitergeht, ist unklar. Das Bassiani bleibt vorerst verriegelt. Nadscha Oraschwili, eine Mitgründerin des Clubs, gibt sich jedoch kämpferisch: »Letzte Woche haben sie uns unsere Träume genommen, aber wir werden unsere Freiheit nicht aufgeben. Wir werden zurückkommen!«