Gedenkveranstaltung in Düsseldorf zum 25. Jahrestag des neonazistischen Brandanschlags in Solingen

Gedenken in bekannter Stimmung

Am Dienstag jährte sich der neonazistische Brandanschlag von Solingen zum 25. Mal. Das Gedenken wurde in Düsseldorf staatsoffiziell begangen, in Solingen hatten zuvor 600 Menschen demonstriert.

Helmut Kohl war der Trauerfeier seinerzeit ferngeblieben. Der damalige ­Bundeskanzler hatte sich gegen den »Beileidstourismus« ausgesprochen. Seine Nachfolgerin Angela Merkel nahm am Dienstag an einer Gedenkveranstaltung im Düsseldorfer Landeshaus zum 25. Jahrestag des neonazistischen Brandanschlags in Solingen teil. Für Kritik hatte dieses Mal die Teilnahme des türkischen Außenministers Mevlüt Çavuşoğlu gesorgt, es wurde befürchtet, dieser könnte die Veranstaltung für Wahlkampfzwecke missbrauchen. Eine für Dienstag geplante Gedenkveranstaltung im Plenarsaal des Landtags hatten SPD und Grüne deshalb verhindert.

Nicht nur der Anschlag in Solingen hatte Ende Mai 1993 die Schlagzeilen in Deutschland bestimmt. Am 26. Mai hatten Tausende Menschen im Bonner Regierungsviertel gegen die entscheidende Abstimmung des Bundestags über den sogenannten Asylkompromiss protestiert. Drei Tage später setzten vier junge Neonazis im Alter zwischen 16 und 23 Jahren in Solingen das Haus der Familie Genç in Brand. Hatice Genç (18), Gürsün İnce (27), Gülüstan Öztürk (12), Hülya (9) und Saime Genç (4) starben in den Flammen. Am Tatabend waren die Nazis von einer Partygesellschaft hinausgeworfen worden, nachdem sie Streit mit Migranten gesucht hatten. Einer der Täter wohnte in der Nachbarschaft der Familie Genç und hatte bereits zuvor im Freundeskreis gesagt, er wolle das »Türkenhaus abfackeln«.

Ein Redner erinnerte an eine Forderung, die nach dem Solinger Anschlag gestellt worden war: die nach einer Gesellschaft, die »konsequent mit Rassismus bricht«. Dies sei nicht verwirklicht worden.

Im Oktober 1995 wurden die Neonazis nach einem langen Prozess, in dem sie Geständnisse abgelegt und wieder zurückgezogen hatten, zu Haftstrafen zwischen zehn und 15 Jahren verurteilt. Im Laufe des Prozesses hatte sich auch herausgestellt, dass eine Kampfsportschule, in der drei der Täter trainiert hatten und deren Mitglieder immer wieder Saalschutzaufgaben für neonazistische und rechtspopulistische ­Parteien übernommen hatten, von einem V-Mann des Verfassungsschutzes Nordrhein-Westfalen betrieben wurde. In den Tagen nach dem Mordanschlag von Solingen kam es in der Stadt und an anderen Orten zu schweren Auseinandersetzungen zwischen türkischen Migranten, Autonomen und der Polizei. In Solingen entstand in zwei Nächten ein Sachschaden von 1,5 Millionen Mark. Die Polizei setzte sogar die Spezialeinheit GSG9 ein.

Der Brandanschlag von Solingen fiel in eine Zeit, in der rassistische Anschläge beinahe zum Alltag gehörten. Im November 1992 hatten Neonazis mit einem Brandanschlag in Mölln drei Menschen getötet. Die pogromartigen Ausschreitungen von Hoyerswerda und Rostock lagen nicht allzu lange zurück. Viele kleinere Brandstiftungen und Anschläge auf Migranten und Flücht­linge fanden keine größere gesellschaftliche Beachtung. In Medien und Politik debattierte man derweil über Parolen wie »Das Boot ist voll« statt, was schließlich zum sogenannten Asylkompromiss führte, einer umfassenden Demontage des bis dahin bestehenden Asylrechts.