Small Talk mit Jason Kirkpatrick über eine britische Kampagne gegen Polizeispitzel

»Viel Aufmerksamkeit für Antispitzelkampagne«

Die britische Kosmetikkette Lush sorgte kürzlich mit Plakaten für Diskussionen, auf denen sie die Unterwanderung linker Gruppen durch Polizeispitzel kritisierte und Aufklärung forderte. Jason Kirkpatrick gehörte zum Freundeskreis eines Mannes, der sich als Polizeispitzel herausstellte.
Small Talk Von

Was war auf den Plakaten von Lush zu sehen?
Es gab zwei Versionen. Zunächst war in den Schaufenstern der Ladenkette ein zweigeteiltes Plakat zu sehen. Eine Hälfte zeigte einen typisch britisch aussehenden Polizisten, in der anderen Hälfte einen jungen Mann in Zivil. Daneben stand: Paid to Lie (Bezahlt, um zu lügen). Das erregte große Medienaufmerksamkeit. Nachdem Polizisten in Zivil Mitarbeiter der Kosmetikkette bedroht hatten, zog das Unternehmen die Plakatserie zurück. Auf einem neuen Plakat informierte es darüber, dass seit 1968 über 1 000 politische Gruppen von Polizeispitzeln infiltriert worden seien und einige von diesen unter falschem Namen Intimbeziehungen eingegangen seien.

Ist es nicht überraschend, dass sich ein Kosmetikunternehmen zu diesem Thema äußert?
Die Firma hat sich bereits früher für Tier- und Menschenrechtskampagnen eingesetzt und Organisationen von Migrantinnen und Migranten unterstützt. Daher kam ihr Engagement für die sogenannte Spy-Cops-Kampagne nicht so überraschend.

Spricht die Kette in erster Linie ein linkes Publikum an?
Nein, Lush hat weltweit über 900 Filialen mit über 22 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Allerdings waren die Plakate nur in den etwa 100 Filialen in Großbritannien und Nordirland zu sehen. Die Aktion hat der Antispitzelkampagne viel Aufmerksamkeit gebracht. Vorher hat fast niemand darüber geredet. Nach der Kampagne wurde darüber in Mode- und Marketingmagazinen und in den Gratiszeitungen berichtet, die in der Londoner Metro verteilt werden. So hat Lush ein großes Publikum erreicht und der Kampagne große Aufmerksamkeit verschafft.

Was sind deren Forderungen?
Die zentrale Forderung ist die Bekanntgabe der Namen der ausspionierten Gruppen. In letzter Zeit gab es dabei erste Erfolge. So wurde der Name einer betroffenen nordirischen Menschenrechtsgruppe bekanntgegeben. Zudem fordern die über 200 Betroffenen, die juristische Schritte eingeleitet haben, vollständige Einsicht in ihre Akten.

Wie verläuft die politische Aufarbeitung?
Damit befassen sich richterliche Ausschüsse, die bis 2023 arbeiten sollen. Mittlerweile sind auf einer Website Akten veröffentlicht worden. Sie wurden teilweise geschwärzt, sind aber dennoch aufschlussreich. So ist dort eine Anleitung für das Undercover-Training der für die Bespitzelung zuständigen Polizeieinheit dokumentiert.

Sie wollen auch vor deutschen Gerichten klären lassen, wie es dazu kam, dass der britische Polizeispitzel Mark Kennedy Anti-G8-Gruppen in Deutschland infiltrieren konnte. Wie ist der aktuelle Stand?
Es ist bekannt, dass Kennedy im Auftrag des Landeskriminalamts Mecklenburg-Vorpommern in Deutschland gearbeitet hat. Immer noch nicht aufgeklärt ist, auf welcher Rechtsgrundlage Kennedy gearbeitet hat und was genau er tun durfte. Deshalb versuche ich auf juristischer Ebene herauszufinden, ob seine Spitzelei rechtswidrig war. Ich warte seit langem die Herausgabe meiner Polizeiakte aus Deutschland. Die brauche ich, um die nächsten Schritte einleiten zu können.