Der Protest gegen das geplante nordrhein-westfälische Polizeigesetz ist groß

Ein Gesetz droht

Seite 2

Das geplante Gesetz hat auch zahlreiche Fußballfans zum Demonstrieren veranlasst. Vier große und verfeindete Fanszenen aus Düsseldorf, Köln, Dortmund und Gelsenkirchen nehmen an ihr teil. »Kontaktverbot? Ich bin doch kein Kind«, steht auf einem Transparent der Dortmunder Ultras. Auf einem anderen ist eine Botschaft an den Landesinnenminister auf Kölsch zu ­lesen: »Ey Reul, bliev locker.« Stellvertretend spricht Julian, ein Vertreter der linken Gruppe »Dissidenti Ultra«, in der Innenstadt vor den Demons­tranten: Polizeigewalt seien viele Fans bereits gewohnt. »Das erwartet uns demnächst nicht nur mit Knüppeln und Pfefferspray, sondern auch in Form von Tasern«, so Julian. Tritt das neue Gesetz in Kraft, sollen die Taser zunächst getestet und dann auch im Polizeialltag eingeführt werden. »Das Ende der Fahnenstange ist damit aber noch lange nicht erreicht«, sagt Julian weiter. Schon in der Vergangenheit seien größere Überwachungsmaßnahmen zunächst an Fußballfans erprobt worden, etwa mit der Datei »Gewalttäter Sport«. In ihr werden seit 1994 ­Daten von Fußballfans gesammelt, gespeichert und herangezogen, etwa um bundesweite Stadionverbote zu verhängen.

Der Gesetzentwurf sieht eine deutliche Ausweitung von Überwachungsmaßnahmen vor. Die Verwendung eines »Staatstrojaners« und die Über­wachung von Kommunikationsgeräten wie Smartphones und Laptops sollen der Polizei präventiv, also ohne Straftat oder Verdacht auf eine solche, ermöglicht werden. Der Strafverteidigervereinigung zufolge wären das geheimdienstliche Befugnisse – was die nach dem Nationalsozialismus eingeführte Trennung von Polizei und Geheimdienst aufheben würde. Julian, der Redner der Ultras, befürchtet, dass solche polizeilichen Maßnahmen zuerst an Fußballfans erprobt werden könnten.

Die Föderation demokratischer Arbeitervereine (DIDF), eine türkisch-kurdische Migrantenorganisation, verweist in diesem Zusammenhang auf die Vorgänge in Köln in der Silvesternacht 2016. »Hunderte Menschen wurden als ›Nafris‹ (interne Arbeitsbezeichnung der Polizei Nordrhein-Westfalen für »Nordafrikanischer Intensivtäter«, Anm. d. Red.) kriminalisiert und stundenlang am Kölner Hauptbahnhof festgesetzt«, so die Or­ganisation. Sie kritisiert die geplante Einführung der »strategischen Fahndung«, mit der das sogenannte Racial Profiling, also Kontrollen anhand äußerer Merkmale wie etwa der Hautfarbe, ­systematisch möglich wäre. Die »strategische Fahndung« würde es der Po­lizei ermöglichen, ohne Verdacht Menschen anzuhalten, ihre Personalien zu überprüfen sowie Fahrzeuge und Taschen zu durchsuchen. Sie müsste nur von einer Polizeibehörde, jedoch nicht von einem Richter schriftlich genehmigt werden. Unter anderem sollen so Personen ausfindig gemacht werden, die sich unerlaubt in Deutschland aufhalten. »Rassistische Kontrollen ge­hören verboten, auch jetzt schon«, fordert die DIDF deshalb.