Der designierte mexikanische Präsident López Obrador will den Kampf gegen die Drogenkriminalität entmilitarisieren

Legalisieren und amnestieren

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Eine Amnestie im Falle von schweren Menschenrechtsverbrechen wäre auch nach internationalem Recht unzulässig und könnte den Internationalen Strafgerichtshof auf den Plan rufen. Durazo sprach von einer »Übergangsjustiz«. So wurde auch ein Verfahren zur juristischen Aufklärung des Konflikts ­zwischen der Guerilla Farc und dem kolumbianischen Staat bezeichnet. ­Neben ­einer Amnestie für ehemalige Farc-Kämpfer sieht die kolumbianische Regelung unter anderem einen Strafnachlass für jene Beteiligten des Konflikts vor, die bei der Aufklärung von Menschenrechtsverbrechen mit den Behörden kooperieren und Entschädigungen an die Opfer leisten. Ob und wie eine solche Regelung auf das organisierte Verbrechen in Mexiko übertragen werden könnte, ließ Durazo ­offen.

Im Falle ungeklärter Menschenrechtsverbrechen wie der Entführung und Ermordung von 43 Studenten aus Ayotzinapa im Jahr 2014 kündigte Obrador an, Wahrheitskommissionen zur Aufklärung einzusetzen. Diese sollen aus Angehörigen der Zivilgesellschaft, Geistlichen und internationalen Experten bestehen.

Jenseits juristischer Regelungen hatte Obrador im Wahlkampf angekündigt, der Kriminalität vor allem durch sozialstaatliche Maßnahmen zu begegnen. Die militärische Lösung sei gescheitert, ­sagte er im Hinblick auf die mehr als 200 000 Todes­opfer, des Konflikts in den vergangenen zwölf Jahren. »Stipendiaten statt Sicarios« (Auftragsmörder) lautete der Wahlkampfslogan. ­Eines seiner zentralen Versprechen ist ein umfassendes neues Stipendien­system, das auch armen Jugendlichen erlauben soll, den Schulabschluss zu machen.

Dies bedeutet allerdings nicht unbedingt, dass sie auch Arbeit finden. ­­Der »Krieg gegen die Drogen« ist gescheitert. Ob Obradors Maßnahmen ausreichen, um das eng mit den politischen und ökonomischen Machtverhältnissen verknüpfte Problem der organisierten Kriminalität zu lösen, ist fraglich.

Während Sánchez Corderos Vortrag hielten im Publikum Angehörige Fotos ihrer vermissten oder ermordeten ­Familienmitglieder in die Höhe. Sie forderten eine lückenlose Aufklärung der Verbrechen und ein Ende der »Simulation« seitens der Politik. ­Anwesend war auch Javier Sicilia, der sich skeptisch zeigte. Notwendig sei kein medial ­inszeniertes Friedensforum mit dem Papst, sondern Aufklärung und Unterstützung von Opfern und Angehörigen. »Lassen wir nicht zu, dass das hier zur Show wird«, sagte der Schriftsteller.