In der US-Rechten gibt es Streit zwischen Donald Trump und den Koch-Brüdern

Streit mit den Spendern

US-Präsident Donald Trump legt sich mit den Brüdern Charles und David Koch an, den wichtigsten Geldgebern der republikanischen Rechten, weil sie seine protektionistische Politik kritisieren.

Es ist nicht ungewöhnlich, dass US-Präsident Donald Trump jemanden auf Twitter beschimpft. Doch vorige Woche traf es mit den Brüdern Charles und David Koch zwei der reichsten Männer der USA, die zu den wichtigsten Geldgebern der Republikanischen Partei gehören. Die »globalistischen Koch-Brüder«, tweetete Trump, seien »ein totaler Witz in den echten republi­kanischen Kreisen«. Sie seien »gegen starke Grenzen und mächtigen Handel« und er, Trump, brauche weder »ihr Geld noch ihre schlechten Ideen«.

Die radikal wirtschafsliberalen Kochs hatten immer wieder Trumps protek­tionistischen und einwanderungsfeindlichen Kurs kritisiert.
Wenige Monate vor den im November stattfindenden Kongresswahlen könnte sich ein Machtkampf über die zukünftige Ausrichtung der Republi­kaner anbahnen. Die Brüder Koch, die ihr gemeinsames Vermögen von mehr als 100 Milliarden Euro vor allem in der Energie- und Chemieindustrie verdienten, sind eine veritable Macht in der US-amerikanischen Rechten. Sie vertreten eine Gruppe von über 500 konservativen Großspendern, die ihre Ressourcen bündeln, um politischen Einfluss auszuüben. 2016 gab das Netzwerk 900 Millionen US-Dollar für politische Zwecke aus, in die dies­jährigen Kongresswahlen will es bis zu 400 Millionen US-Dollar investieren.

Trotz der Querelen war Trumps Wahlsieg auch ein Sieg für die Kochs. Zahlreiche hochrangige Mitarbeiter der neuen Regierung waren in politischen Organisationen der Brüder involviert.

Aber nicht im Sinne Trumps. Das Koch-Netzwerk hatte Ende Juli bei einem seiner halbjährig stattfindenden Treffen bekannt gegeben, dass es einige republikanische Kandidaten bei den Wahlen nicht unterstützen werde, da sie sich in Fragen des Freihandels und der Einwanderung zu kritiklos auf die Seite des Präsidenten gestellt hätten. »Wäre es 2016, hätten wir die Kandidaten wohl einfach unterstützt, aber wir erhöhen unsere Ansprüche«, sagte Tim Phillips, der Vorsitzende der von den Kochs maßgeblich unterstützten Lobbygruppe Americans for Prosperity, dem Fernsehsender CNN. Charles Koch ging sogar so weit einzugestehen, seine Gruppen hätten in der Vergangenheit Fehler bei der Unterstützung rechter Politiker gemacht, und erklärte eine Zusammenarbeit mit den Demokraten für möglich.

Bereits während des Präsidentschaftswahlkampfs hatte sich Trump mit den Koch-Brüdern angelegt. Während seine republikanischen Konkurrenten bei den Treffen des Koch-Netzwerks vorsprachen, inszenierte sich Trump als der einzige Kandidat, der nicht auf das Geld der Milliardäre angewiesen sei und deshalb den »Sumpf in Washington trockenlegen« könne. Die Abneigung basierte auf Gegenseitigkeit. Charles Koch verglich die Wahl zwischen Trump und Hillary Clinton damals mit der »Alternative Krebs oder Herzinfarkt«. Von den 900 Millionen US-Dollar, die das Koch-Netz­werk 2016 ausgab, ging kein Cent direkt an Trump.

Die Kochs haben eine Ideologie kultiviert, die zwar wirtschaftspolitisch weit rechts von Ronald Reagan liegt, aber mit Rassismus nichts zu tun haben soll und nicht in allen Punkten dem Programm der republikanischen Rechten entspricht. So gründeten sie auch Lobbygruppen, die sich speziell an Latinos richten, und setzten sich für eine relativ progressive Gefängnis- und Strafrechtsreform ein. Sie wollen als libertär gelten, nicht als rechts – aber es gibt Verbindungen zur populistischen und extremen Rechten. Die Journalistin Jane Mayer, die für den New Yorker schreibt, untersucht in ihrem Buch »Dark ­Money«, wie die Kochs zur rechten Radikalisierung der Republikaner während Barack Obamas Präsidentschaft beigetragen haben, die schließlich zur Wahl Trumps führte.

Das Hauptziel des Koch-Netzwerks war es, Obamas Reformen zu verhindern, vor allem den Ausbau der Krankenversicherung durch »Obamacare« und jegliche Form des Umweltschutzes. Zu diesem Zweck unterstützten sie stets den reaktionärsten Flügel der Republikaner, besonders die Tea Party, aber auch die religiöse Rechte. Vizepräsident Mike Pence zum Beispiel, der als einer der wichtigsten Vertreter der evangelikalen Christen gilt, wird von den Kochs hofiert, seit er 2011 als Abgeordneter des Repräsentantenhauses maßgeblich dazu beitrug, ein Emissionsbegrenzungsgesetz Obamas zu verhindern. Als Trump ihn zu seinem Kandidaten für die Vizepräsidentschaft machte, wurde das auch als Friedensangebot an die Kochs verstanden.

Trotz der öffentlichkeitswirksam ausgetragenen Querelen war Trumps Wahlsieg somit auch ein Sieg für die Kochs. Zahlreiche hochrangige Mit­arbeiter der neuen Regierung waren in politischen Organisationen der Brüder involviert und teilen ihre Ansichten Trumps Bildungsministerin etwa, ­Betsy DeVos, war als Spenderin seit Jahren Mitglied des Koch-Netzwerks. Auch Scott Pruitt, der Leiter der Umweltbehörde EPA, wurde seit langem von den Kochs unterstützt– er musste allerdings wegen einer selbst für Trumps Regierung ungewöhnlichen Häufung von Skandalen am 5. Juli zurücktreten. Große Teile von Trumps Programm deckten sich mit dem radikal wirtschaftsliberalen der Kochs: Steuersenkungen, Abbau von Umwelt- und ­Arbeitsschutzgesetzen, die Teilprivatisierung des Bildungswesens, der Rücknahme von Obamacare und die Deregulierung des Finanzsektors.

In den meisten Fragen der Regierungspraxis sind die Differenzen zwischen Trump und den Kochs gering, der Streit wird auch zur Imagepflege inszeniert. »Beide Seiten profitieren von diesem Konflikt«, sagte Jane Mayer in einem Interview mit dem Sender NPR. Trump kann sich als populistischer ­Rebell gegen die »globalistischen« Milliardäre gerieren und die Kochs können sich von den allzu unappetitlichen Exzessen des Trumpismus distanzieren. Dennoch, so Mayer, handle es sich hier um einen echten Konflikt, es gehe ­darum, »welche dieser beiden Ideologien bei den Republikanern die Oberhand« behalten werde: der libertäre Wirtschaftsliberalismus der Kochs oder der protektionistische Nationalismus Trumps. Der Ausgang ist keineswegs gewiss. Die Kochs verfügen zwar über eine riesige politische Maschinerie und sehr viel Geld, doch die Unter­stützung Trumps hat für die republikanischen Kandidaten eine enorme ­Bedeutung.