Die AfD verstärkt ihre Angriffe auf Gewerkschaften

Gewerkschaften als Feind

Die Angriffe der AfD auf Arbeitnehmervertreter nehmen zu. Das zeigen auch die Landtagswahlkämpfe in Hessen und Bayern.

Immer wieder kommt es zu Angriffen, Drohungen und Einschüchterungen gegen Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter durch extreme Rechte. Neonazistische Überfälle auf gewerkschaftliche Kundgebungen, Schmierereien an Gewerkschaftshäusern oder Drohbriefe an antifaschistisch engagierte Gewerkschafter waren in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten keine Seltenheit. Mit den sich häufenden Wahlerfolgen der AfD erhält die Feindseligkeit von rechts gegen die Gewerkschaften jedoch eine neue Dimension. Das zeigt sich auch in den Wahlkämpfen in Hessen und Bayern, wo die AfD im Herbst in die letzten beiden Landesparlamente einziehen will, in denen sie noch nicht vertreten ist.

Im hessischen Hanau wurde am 20. Juli während einer Kundgebung gegen eine AfD-Wahlkampfveranstaltung mit der stellvertretenden Vorsitzenden der AfD-Bundestagsfraktion, Beatrix von Storch, ein Gewerkschafter schwer verletzt. 400 Menschen hatten sich zum friedlichen Protest vor der Hanauer Kulturhalle versammelt – darunter zahlreiche Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter. Nach Angaben des Hanauer DGB hatten sich jedoch auch zwei Anhänger der AfD unter die Kundgebungsteilnehmer gemischt. Während der Kundgebung habe einer von ihnen die DGB-Regionsvorsitzende Ulrike Eifler bedrängt und versucht, ihr das Mikrophon zu entreißen. Ein Ordner sei dazwischengegangen und habe den Mann aufgefordert, den Platz zu verlassen. Der Mann sei der Aufforderung zunächst nachgekommen und habe sich von dem Ordner zum Rand der Kundgebung bringen lassen. Dort habe jedoch eine zweite Person gewartet. Unvermittelt hätten dann die beiden den Ordner, der selbst ein aktives Betriebsratsmitglied ist, von hinten angegriffen. Sie hätten den Gewerkschafter noch gewürgt, als dieser bereits bewusstlos am Boden lag. Das Eingreifen umstehender Kundgebungsteilnehmer habe dem Mann womöglich das Leben gerettet. Mit Schädel-Hirn-Trauma, Prellungen und kurzzeitiger Amnesie musste er ins Krankenhaus gebracht werden.

In Hanau wurde ein Gewerkschafter schwer verletzt und musste mit Schädel-Hirn-Trauma, Prellungen und kurzzeitiger Amnesie ins Krankenhaus gebracht werden.

Die Gewerkschaften in Hanau reagierten mit Entsetzen auf den brutalen Angriff auf ihren Kollegen. Alle Mitgliedsgewerkschaften drückten ihre Solidarität mit dem Betroffenen aus und kündigten an, weiter entschlossen ­gegen die AfD auf die Straße zu gehen. »Mit den verbalen und körperlichen Angriffen der AfD auf Hanauer Gewerkschafter haben die Auseinandersetzungen für uns eine neue Qualität bekommen«, sagte beispielsweise Beate Rohrig, die Bezirksleiterin der IG Bergbau, Chemie, Energie in Mittelhessen. »Diese Partei steht nicht nur programmatisch für eine arbeitnehmerfeind­liche Politik. Sie ist ganz offensichtlich auch eine Bedrohung für organisierte Gewerkschafter. Die AfD wird jetzt mit unserem gemeinsamen und entschlossenen Widerstand rechnen müssen«, so Rohrig. Auch die stellvertretende DGB-Bundesvorsitzende Annelie Buntenbach rief dazu auf, »sich weiter Rassismus und Menschenverachtung entgegenzustellen«. Sie warf der AfD eine »Verrohung des politischen Klimas« vor. »Gauland und Co. haben zur Jagd aufgerufen. Der fürchterliche Vorfall in Hanau zeigt, wie schnell im Umfeld der AfD daraus Taten werden können – bis zur schweren Körperverletzung eines Kollegen«, so Buntenbach.

Die AfD-Landesführung beeilte sich zwar, sich von dem Angriff zu distanzieren. »Die AfD lehnt Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung kategorisch ab«, sagte ihr Landessprecher Klaus Herrmann. Sollten die mutmaßlichen Angreifer Mitglieder sein, würden Konsequenzen gezogen. Doch der Attacke war eine regelrechte Hetzkampagne der AfD gegen die Hanauer Gewerkschaften und insbesondere gegen die DGB-Regionsgeschäftsführerin Ulrike Eifler und den DGB-Sekretär Tobias Huth vorausgegangen. In den Wochen vor dem Auftritt von Storchs und dem angekündigten gewerkschaftlichen Gegenprotest diffamierte die AfD die Gewerkschaften und ihre Funktionäre immer wieder als »linksextremistisch«. Insbesondere in sozialen Medien sahen sich die Gewerkschaften dem Vorwurf der »bolschewistischen Propaganda«, der »Veruntreuung von Arbeitergeldern« und der Zusammenarbeit mit »Antifa-Terroristen« ausgesetzt. Auch mehrere Drohbriefe waren im Hanauer Gewerkschaftshaus eingegangen.