Bei den Wahlen in Schweden könnten die Rechtspopulisten zweitstärkste Kraft werden

Rote Häuschen, rechte Populisten

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Der Erfolg der Rechtspopulisten muss also auch als Abrechnung mit der parteipolitischen Ausrichtung der vergangenen Jahrzehnte verstanden werden. Statt mit konkurrierenden Gesellschaftsvorstellungen aufzutreten, kämpfen das bürgerliche und das rot-grüne Lager seit Jahren um die politische Mitte. Während sich ersteres hierbei mit so manchen fortschrittlichen sozial- und kulturpolitischen Forderungen abfand, bewegten sich die Sozialdemokraten wirtschaftspolitisch nach rechts. Die größten Gewinner des Dranges in die Mitte sind die Nationalisten. Angedeutet hat sich das schon bei den vergangenen beiden Wahlen, aus denen keiner der traditionellen Blöcke mit eigenen Mehrheiten, die Rechtspopulisten aber gestärkt hervorgingen. Die Minderheitsregierungen, die folgten (bürgerlich 2010–2014, rot-grün seit 2014) waren entsprechend zu Kompromissen gezwungen.

Doch mit den Schwedendemokraten als zweitstärkster oder gar stärkster Partei käme die Stunde der Entscheidung. Die hitzigen Diskussionen über mögliche Koalitionen und Zusammenarbeit, die derzeit den Wahlkampf prägen, sind ein Hinweis auf die Zerreißproben, die die Parteien nach der Wahl wohl erwarten. Jetzt bereits lassen sich über die Bündnisgrenzen hinweg zwei entgegengesetzte Tendenzen feststellen: eine weitere Konsolidierung in der Mitte und eine Polarisierung nach links und rechts.

Die schwedische Vänsterpartiet (Linkspartei), die sich am Bewegungspopulismus der spanischen Partei Podemos orientiert, erreicht derzeit beachtliche zehn Prozent der Stimmen, fast doppelt so viel wie bei den Wahlen 2014. Die Sozialdemokraten sind zerrissen: Der rechte Flügel hofft auf eine Koalition der Mitte, zusammen mit den Liberalen und der Zentrumspartei (in Umfragen derzeit 5,1 beziehungsweise 8,8 Prozent der Stimmen), die traditionell die Juniorpartner in von den Moderaten angeführten bürgerlichen Koalitionen bilden. Unter sozialdemokratischen Parteilinken sorgt diese Aussicht bereits jetzt für Unmut. Es wird gemunkelt, linke Kritiker des Parteivorsitzenden und Ministerpräsidenten Stefan Löfven planten, nach dem voraussichtlichen Wahldebakel einen Führungskampf zu erzwingen, nach dem Vorbild der britischen Labour-Partei, deren Vorsitz 2015 Jeremy Corbyn übernehmen konnte.

Die Moderaterna wiederum, die in Umfragen bei 18,9 Prozent liegen, sind gespalten zwischen einem gemäßigten Flügel, der weiter mit Abgrenzung nach rechts punkten will, und einem rechten, der zusammen mit den Schwedendemokraten die Macht übernehmen will.

Selbst die Rechtspopulisten bleiben von Spaltungen nicht verschont. Während die Mutterpartei immer mehr die Rolle einer rechtskonservativen »Volkspartei« einübt, greifen radikalere Ableger, wie die nach deutschem Vorbild benannte, völkisch-nationalistische »Alternative für Schweden«, sie von rechtsaußen an. Einschlägige nationalistische Medien, deren Kampagne gegen »politische Korrektheit« den SD einst zum Durchbruch verhalf, sind inzwischen auf Abstand gegangen. Die »Alternative für Schweden« dürfte allerdings nicht einmal ein Prozent der Stimmen erlangen.

Womöglich zeichnen sich also neue politische Fronten in Schweden ab, eine Dreiteilung in ein linkes, ein liberales und ein rechtes Lager. Der Ausgang der parteiinternen Kämpfe, die der Wahl folgen dürften, wird darüber entscheiden.