Warum Stephen Bannon in Europa schwer Fuß fasst

Ohne Glanz und Gloria

Allein nicht mehrheitsfähig, muss die extreme Rechte auch Konservative für die »illiberale Demokratie« gewinnen. Der Berufsprovokateur Stephen Bannon ist da keine Hilfe.
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Gloria von Thurn und Taxis, umtriebig im rechtskatholischen Milieu und einst berüchtigt für ihre eigenwillige Afrika-Expertise (»Da sterben die Leute an Aids, weil sie zu viel schnackseln«), war fast der verdienten Vergessenheit anheimgefallen. Kaum jemand nahm noch zur Kenntnis, dass sie Anfang September bei einer CSU-Veranstaltung in Regensburg beklagte, die Politik höre nicht »auf uns kleine Leute« – ihr Familienvermögen wird auf 500 Millionen Euro geschätzt. Aber sie kam noch einmal in die Schlagzeilen, weil sie sich einem Bericht des Spiegel zufolge mit Stephen Bannon traf. Ihr Schloss möchte sie allerdings nicht für Seminare des rechts­extremen Demagogen zur Verfügung stellen.

Die mediale Aufmerksamkeit ist Bannon und damit jedem seiner Gesprächspartner noch gewiss. Doch für jemanden, der Berater des US-Präsidenten Donald Trump war, als »dämonisches Genie« galt und im Sommer antrat, um die populistische und extreme Rechte mit seinem »Movement« zu vereinigen und gemeinsam den Wahlkampf für das Europaparlament zu führen, ist es ein ­Zeichen des Scheiterns, dass er sich nun in einem obskuren rechtskatholischen Milieu tummeln muss. Zu Bannons Gesprächspartnern gehörten auch Geistliche, die in Papst Franziskus einen gefährlichen Linksabweichler sehen. Doch diese Strömung ist derzeit nicht sonderlich bedeutend für eine Rechte, die im Kreuz eine gute Waffe sieht, um auf Muslime einzudreschen, aber keine Zeit mit Gebeten oder gar Bibellektüre verplempern will.

Ansonsten ist der Zuspruch für Bannon dürftig, gerade unter den bedeutenden Parteien der extremen Rechten in Europa. Denn er »ist ein Amerikaner«, wie Marine Le Pen, die Vorsitzende des französischen Rassemblement National (RN), feststellt, und »wir sind nicht in Amerika«, wie Alexander Gauland, der Bundessprecher der AfD, weiß. Auch die FPÖ ist auf Distanz gegangen, nur die Lega des italienischen Innenministers Matteo Salvini hat sich wohl noch nicht entschieden. Bannon umschmeichelt sie mit der selbst für ­seine Verhältnisse gewagten Behauptung, Italien sei der »Mittelpunkt des politischen Universums«.

Einen Paten außerhalb der EU, dem sie mehr oder weniger offen huldigt, hat die extreme Rechte ja bereits. Im Gegensatz zu Bannon diskret, solvent und zudem noch Kommandant diverser Trollarmeen, hat Wladimir Putin weitaus mehr zu bieten. Doch würden die ­Parteien der extremen Rechten wohl nicht so weit gehen, dem russischen Präsidenten die Koordination ihres Wahlkampfs zu überlassen, also viele ihrer schmutzigen Geheimnisse mit ihm zu teilen. Bannon wird man sie erst recht nicht anvertrauen wollen, zumal der Nutzen der von ihm mit vergleichsweise geringen Ressourcen angebotenen Dienstleistungen unklar ist.

Der extremen Rechten fehlt die Unterstützung relevanter Kapitalfraktionen. Im Militär und in den zivilen staatlichen Institutionen ist ihr Einfluss zu schwach, um einen Putsch wagen zu können. Sie muss sich also bei Wahlen durchsetzen, und im Alleingang schafft sie das nicht. In den USA zwingt das Mehrheitswahlrecht die Bevölkerung in zwei Lager. Es kommt darauf an, die Mehrheit der Repu­blikaner für Trumps Version der »illiberalen Demokratie« zu gewinnen. Der Berufsprovokateur Bannon erwies sich dabei als störend, deshalb musste er das Weiße Haus verlassen. In der EU muss die extreme Rechte eine ausreichende Zahl von Konservativen – im Fall Italiens populistischen Wirrköpfen – und ihren Parteien für eine Orbánisierung gewinnen. Das erfordert ein geschicktes Lavieren zwischen rechtsextremer Propaganda und scheinbar seriöser ­Politik. Diese Kunst beherrscht Bannon nicht, deshalb wird er wohl auch in Zukunft vergeblich an die europäischen Schlosstore ­klopfen.