Kritische Astrologie -Die Korruption und ihre Macht über unser Leben

Alice im Spendensumpf

Die Korruption und ihre Macht über unser Leben.
Kolumne Von

Vor kurzem befand sich der Verfasser dieser Zeilen auf dem Weg nach Trier, in einer dieser winzigen Bahnersatzbahnen, die überall dort zum Einsatz kommen, wo die Deutsche Bahn den Weg der Deindustrialisierung beschritten hat. Ich labte meiner Seele an der vorüberziehenden westdeutschen Landschaftstristesse und der verblüffend lückenlosen Netzabdeckung, die fast schon an die Qualität von Ländern wie Litauen oder Portugal heranreichte, als mir ein Quietschen und Rasseln die Ankunft eines Bahnbediensteten signalisierte: In den Waggon hinein schob sich ein mittelaltes Männlein, das eine Art selbstgebastelten Servicewagen vor sich herdrückte, voll mit aufgerissenen Industriepackungen von Süßigkeiten und Discounter-Getränken.

Noch bevor ich diesen Eindruck ganz verarbeiten konnte, krächzte das Männlein eilfertig »Kaffee, Cappuccino« hervor, und das unangenehme Mittelschichtsbalg in mir verlangte reflexartig den Cappucino, noch bevor ich nachdenken konnte. Das Männlein räusperte sich wie ­erfreut beziehungsweise erledigt – und begann, warmes Wasser aus einer Thermoskanne in einen Plastikbecher zu giessen. Danach riss er ein Alutütchen auf, um ein graubraunes Pülverchen in die Brühe zu kippen, die er dann mit seinem Finger, haltquatsch, einer Plastikkuchen­gabel umrührte. Das entstandene Produkt servierte er mir mit einem Blick, in welchem Selbstekel, routinierte Gleichgültigkeit und tollkühner Widerborst gemischt lagen: »Eins fünfundneunzig.« Ich war verdutzt, verdattert gar.

Einerseits natürlich über die Dreistigkeit, einen Instant-Sud als Cappuccino zu verhökern, andererseits über meine eigene lächerliche Anspruchshaltung und Blasiertheit, so dass ich das Gebräu letztlich mit einem ebenso verwirrten wie beseligten Grinsen in mich hineinzog.

So schnell macht man bei einer Sache mit, einfach, weil sie ­einem als normal serviert wird, und so wird es, wer weiß, auch Alice Weidel gegangen sein, als die Spenden aus dem Nichts eintrafen: Das ist halt jetzt einfach so, was soll man machen. Schaden wird es der AfD jedenfalls auch jetzt wieder nicht – weil keine Erkenntnis über die Partei einer Partei schaden kann, die aus Prinzip gegen Erkenntnisse gerichtet ist.