Geldwäsche in Münster

Drogengeld in Plastiktüten

In Paris stehen mutmaßliche Mitglieder eines Geldwäscherings vor Gericht, darunter auch Personen aus Deutschland. Münster soll ein wichtiger Stützpunkt der Gruppe gewesen sein, die Ermittler untersuchten auch Verbindungen zur Hizbollah.

Fahrräder, Studenten und der Dom – das dürften die häufigsten Assoziationen zu Münster sein. Es geschehen aber noch ganz andere Dinge in der Stadt. Derzeit steht ein Mann aus Münster in Paris vor Gericht; er soll zu den Anführern einer Bande gehören, die in großem Stil Geldwäsche betrieb. Ein Zufallsfund bei einer Fahrzeug­kontrolle an der deutsch-belgischen Grenze bei Aachen-Lichtenbusch brachte die Behörden Ende Juli 2015 auf die Spur der Gruppe, die mehrere Millionen Euro aus Drogengeschäften gewaschen haben soll. In dem Auto ­saßen zwei junge Männer, beide im ­Libanon geboren und damals in Bremen wohnhaft. Die Beamten fanden in dem Wagen insgesamt 489 000 Euro. Die weiteren Ermittlungen der Zollfahndung Essen ergaben, dass Taschen, die sich in dem Fahrzeug befunden hatten, Kokainspuren aufwiesen. Insgesamt stehen in Paris zurzeit 14 Personen vor Gericht, die meisten sind libanesische Staatsbürger, die übrigen haben familiäre Verbindungen in den Libanon. Die Behörden gehen davon aus, dass das Netzwerk seine Geschäfte europaweit abwickelte, aus dem Libanon gesteuert wurde und in seinen umtriebigsten Zeiten etwa eine Million Euro in der Woche umsetzte.

Französische Beamte leiteten die Ermittlungen, an denen neben deutschen Zollfahndern auch Europol und die US-amerikanische Drug Enforcement Agency (DEA) beteiligt waren. Bei einer Razzia im Januar 2016 durchsuchten Polizisten in sechs Ländern Häuser und beschlagnahmten mehr als 800 000 Euro Bargeld.

Auch in Deutschland wurden mehrere Wohnungen in Düsseldorf, Münster und im Raum Bremen durchsucht.

Vier Verdächtige wurden festgenommen. Das System der Geldwäscher war nach Darstellung der Behörden einfach und effektiv: Einige Personen sammelten das Bargeld aus Drogenverkäufen in Belgien, Spanien, Italien, Frankreich und Deutschland ein, andere Bandenmitglieder kauften dann in großem Stil in ­Juweliergeschäften und Autohäusern ein, wobei offenbar weder Juweliere noch Autoverkäufer Anstoß daran nahmen, dass die Kundschaft mit Plastiktüten voller Bargeld erschien. Schmuck, Luxusuhren und teure Autos schaffte die Bande in den Libanon, wo die Güter wieder verkauft wurden. Die Gewinne, so die Ermittler, flossen dann aus dem Libanon an Drogenkartelle in Südamerika.

Münster ist eine Hochburg der Hizbollah. Dort befindet sich das schiitische Imam-Mahdi-Zentrum, das als Treffpunkt für Anhänger der Organisation gilt.

Gegen einige Verdächtige ermittelten die Behörden auch wegen des Verdachts der Terrorfinanzierung. Sie gingen Hinweisen nach, denen zufolge die Beschuldigten im Auftrag der libanesischen Terrorgruppe Hizbollah handelten. Allerdings fanden sich dafür keine ausreichenden Beweise, weshalb der Vorwurf der Terrorfinanzierung nicht Teil der Anklage ist. Da der Dreh- und Angelpunkt der illegalen Geschäfte Münster war, war der Verdacht der ­Ermittler aber keineswegs abwegig. Die Stadt ist eine Hochburg der Hizbollah in Deutschland, dort befindet sich das seit den achtziger Jahren bestehende schiitische Imam-Mahdi-Zentrum, das als Treffpunkt für Anhänger der Organisation gilt. Dem nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz zufolge ist die Bundesrepublik für die schiitische Terrorgruppe insgesamt wichtig, wenn es um die Beschaffung von Finanzmitteln und die Rekrutierung neuer Mitglieder geht. Weitere Schwerpunkte der Hizbollah sind Essen, Bottrop, Dortmund und Bad Oeynhausen. In Essen war jahrelang der Spendensammel­verein »Farben für Waisenkinder e. V.« ansässig. Das Verbot des Vereins 2014 wurde damit begründet, dass er über einen langen Zeitraum in Deutschland Spenden eingeworben und damit die im Libanon ansässige Shahid-Stiftung ­unterstützt habe, die zur Hizbollah gehört.

Dass sich die DEA an den Ermittlungen zu dem in Paris laufenden Prozess beteiligte, geht auf Abhörmaßnahmen im Jahr 2015 zurück. Damals hörten DEA-Beamte mutmaßliche Mitglieder eines kolumbianischen Drogenkartells ab, die über die Finanzströme ihrer Organisation redeten. Nach einem Hinweis aus den USA begannen auch die französischen Behörden zu ermitteln.

Der Hauptbeschuldigte aus Münster äußerte sich im Gespräch mit dem Norddeutschen Rundfunk, dem Westdeutschen Rundfunk und der Süddeutschen Zeitung zu dem Fall: Der Exporthändler bestritt seine Beteiligung an der Geldwäsche und beschuldigte die anderen Angeklagten, ihn getäuscht zu haben. Dass die Behörden auch möglichen Verbindungen zur ­Hizbollah nachgegangen waren, erklärte er damit, dass die US-amerikanischen Ermittler ihre französischen Kollegen politisch beeinflusst hätten; die Anschuldigung, die Hizbollah unterstützt zu haben, sei konstruiert. Die anderen Angeklagten äußerten sich nicht auf Anfragen der Medien.