Der ägyptische Fernsehmoderator Mohammed al-Ghiety wurde wegen eines Interviews mit einem Schwulen juristisch verurteilt

Schwupps schwul

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Man kennt das ja. Da will sich der heterosexuelle Mann einen gemütlichen Fernsehabend auf dem Sofa machen, in der einen Hand ein kühles Getränk, die andere am Schritt, zappt vor sich hin und schwupps – plötzlich ist er schwul. Denn er hat versehentlich ein Interview wie jenes in der Sendung von Mohammed al-Ghiety gesehen. Der ägyptische Moderator hatte im August in einer Sendung im privaten Fernsehkanal LTC TV einen Schwulen interviewt, der anonym blieb. Der ägyptische Anwalt Samir Sabry verklagte daraufhin al-Ghiety wegen des »Werbens für Homosexualität«. Der Anwalt hat es sich zur Aufgabe gemacht, für sein erzkonservatives Verständnis von Moral vor Gericht zu ziehen. Eigenen Angaben zufolge soll er in 40 Jahren bereits über 2 700 solche Anklagen erhoben haben, oft traf es Schauspielerinnen, Geistliche, Politiker und Bauchtänzerinnen, wie die New York Times berichtete. Al-Ghiety wurde jüngst zu einem Jahr harter Arbeit und einer Geldstrafe von 3000 ägyptischen Pfund (147 Euro) verurteilt. Er kann das Urteil noch anfechten.

Homosexualität ist in Ägypten nicht illegal, doch immer wieder gibt es Anklagen gegen vermeintliche Homosexuelle wegen »unmoralischen Verhaltens« und »Ausschweifungen«. Aufmerksamkeit erregten vor allem die Repressalien gegen Konzertbesucher, die 2017 beim Auftritt der libanesischen Band Mashrou’ Leila, die sich für LGBT-Rechte einsetzt, in Kairo Regenbogenflaggen geschwenkt hatten. Später wurden Dutzende LGBT-Personen verhaftet und der Medienrat Supreme Council for Media Regulations (SCMR) untersagte Auftritte Homosexueller. Auch al-Ghietys Kanal wurde nach Ausstrahlung des Interviews vom SCMR für zwei Wochen gesperrt. Dass die Verfolgung al-Ghietys ungerechtfertigt ist, steht außer Frage. Allerdings ist er selbst kein Verteidiger von LGBT, sondern hat sich häufig homophob geäußert. In besagtem Interview bereute sein Gesprächspartner seine Homosexualität und sprach über sein schwieriges Leben als Sexarbeiter. Dass das Leben als Schwuler ohne Diskriminierung und Verfolgung einfacher wäre, war kein Thema. Der Anwalt Sabry beanstandete hingegen, al-Ghietys Interview lege nahe, »die Praktizierung von Homosexualität« sei finanziell lukrativ.