Donald Trumps Berater Roger Stone wurde kurzzeitig verhaftet

Trumps Stein im Brett

Der rechte Politikberater Roger Stone ist im Zuge der Ermittlungen zum russischen Einfluss auf Donald Trumps Wahlkampagne kurzzeitig verhaftet worden. Er kennt sich aus mit Manipulation.

Die Sätze, die am Montagabend inter­national Schlagzeilen machten, wurden eher beiläufig ausgesprochen. »Ich wurde«, sagte der geschäftsführende Justizminister und Generalstaats­anwalt der USA, Matthew G. Whitaker, »umfassend über die Untersuchung ­informiert und warte darauf, dass Direktor Mueller seinen Abschlussbericht vorlegt. Ich bin sicher, dass die getroffenen Entscheidungen überprüft ­werden. Die Untersuchung steht, glaube ich, kurz vor dem Abschluss.«

Kündigte der Mann, der sich vor seiner Ernennung regelmäßig sehr kritisch über die FBI-Untersuchung der Wahlkampagne Donald Trumps geäußert hatte, das Ende der Ermittlungen an? Was schriftlich wie ein klare Stellungnahme aussieht, wirkt im Video von Whitakers Pressekonferenz über die Anklageerhebung der US-Behörden gegen den chinesischen Handyher­steller Huawei allerdings wie eine spontane Antwort auf eine Reporterfrage. Es spricht schließlich auch einiges dagegen, dass das Team von Sonderermittler Robert S. Mueller in nächster Zeit seinen Abschlussbericht anfertigt. Michael Cohen, Trumps langjähriger Anwalt und Mann fürs Grobe, wurde zwar bereits wegen eines Verstoßes ­gegen das Gesetz zur Finanzierung von Wahlkampagnen und Falschaussagen gegenüber dem Kongress zu drei Jahren Gefängnis verurteilt, er kooperiert ­allerdings noch weiter mit dem FBI und hat erst vor wenigen Tagen sein Anwaltsteam ausgewechselt. Mitte Januar wurde auf Betreiben Muellers außerdem der Urteilsspruch im Verfahren gegen Rick Gates, einen ehemaligen Wahlkampfmitarbeiter Trumps, um zwei Monate verschoben, weil dieser, wie es in einem Memo hieß, »weiterhin in Hinblick auf mehrere laufende ­Untersuchungen kooperiert«. Die Grand Jury wurde dazu für weitere sechs ­Monate verpflichtet. Das alles wäre bei einem unmittelbar bevorstehenden Ende der Ermittlungen schon nicht mehr nötig gewesen.

Am Freitag voriger Woche wurde zudem Roger Stone verhaftet. Um Punkt sechs Uhr morgens, also zu genau dem Zeitpunkt, ab dem Durchsuchungen in den USA gesetzlich erlaubt sind, klopfte das FBI an die Haustür des umstrittenen rechten Politikberaters und verhaftete ihn. Mit einer Anklage rech­nete der 66jährige bereits seit Monaten, seither sammelt er auf seiner Website Spenden für Anwaltskosten. Stone soll für Trumps Team und vor allem für dessen Sohn Donald Jr. Kontakt zu Wikileaks hergestellt haben, mit dem Ziel, mitten im Wahlkampf belastendes, aus dem Mailserver-Hack russischer GRU-Agenten stammendes Material gegen Hillary Clinton zu erhalten. Stone hatte dies kurz vor der Veröffentlichung der E-Mails sogar auf Twitter angekündigt.

Gegen eine Kaution von 250 000 US-Dollar wurde Stone noch am Abend seiner Verhaftung wieder freigelassen. Warum er überhaupt inhaftiert wurde, ist derzeit unklar, allen anderen bisher angeklagten Männern aus dem Umfeld Trumps waren die Anklagen auf dem Postweg und nicht durch ein ­bewaffnetes FBI-Team zugestellt worden. Das könnte an einem weiteren ­Dokument liegen, das Stone an diesem Morgen gezeigt wurde: ein Durchsuchungsbeschluss, in dem die Beschlagnahme aller von Stone benutzten ­Computer und Handys angeordnet wurde.
Das Team Trumps war, so zeigte sich im Laufe der Untersuchung durch ­Mueller, in Sachen Kommunikation zwar vorsichtig, aber eben nicht vorsichtig genug gewesen. Immer wieder waren Gespräche und schriftliche ­Unterhaltungen an heiklen Punkten abgebrochen worden, um sie auf Whatsapp weiterzuführen. Dort werden Botschaften zwar verschlüsselt übertragen, aber wer mit wem kommuniziert, bleibt den Ermittlern nicht verborgen. Hinzu kommt, dass die Nachrichten auf den Geräten, auf denen sie gesendet und empfangen werden, im Klartext erhalten bleiben. Dazu erlaubt Whatsapp die automatische oder manuelle Speicherung von Nachrichten in der sogenannten iCloud – und das unverschlüsselt, wie der ehemalige Berater Trumps, Paul Manafort, erfahren musste. Er hatte, obwohl bereits angeklagt, versucht, über Whatsapp ­Zeugen zu beeinflussen und sie dazu zu bringen, die Ermittler zu belügen. Der FBI erwischte ihn prompt.

Die Auswertung der bei Stone gefundenen Kommunikationsgeräte dürfte dauern. Bisher hatte er in öffentlichen Statements immer wieder kategorisch ausgeschlossen, mit dem FBI zu kooperieren, was ihm Lob von Trump per Twitter und damit eine gewisse Aussicht auf eine spätere Begnadigung eingebracht hatte. Nach seiner Haftentlassung schloss Stone eine Zusammenarbeit aber nicht mehr aus. Das könnte daran liegen, dass die schmutzigen Tricks, mit denen er gern arbeitet und zu denen er öffentlich auch mit einer gewissen Nonchalance steht, nie ernsthafte Folgen für ihn hatten. Bereits 1972 rekrutierte Stone, damals im Komitee für die Wiederwahl Richard Nixons tätig, einen jungen Mann, um eine Gruppe Quäker auszuspionieren, die ein Friedensgebet vor dem Weißen Haus abhalten wollte. Einen innerparteilichen Gegner des damaligen Prä­sidenten diskreditierte er mit einer gefälschten Spendenquittung an die Young Socialist Alliance.

Ebenso wie sein großes Idol Nixon, von dem Stone gar ein Tattoo auf dem Rücken haben soll, entschuldigte er sich nie für seine Machenschaften. Im Gegensatz zu Nixon machte Stone auch einfach weiter, selbst nach einer Sheriff-Wahl in seinem Wohnort, bei der er versucht hatte, den von ihm nicht favorisierten Kandidaten unter anderem mit einer extra erstellten Website zu diffamieren, auf der eine dafür bezahlte Frau über ein angebliches langjähriges Verhältnis mit dem Kandi­daten berichtete und behauptete, von ihm zu Abtreibungen gezwungen worden zu sein.

Im Fall Trump hätte Roger Stone vermutlich einiges zu berichten, beide Männer sind schließlich seit Jahrzehnten befreundet.

Vieles von dem, was das sogenannte postfaktische Zeitalter im Weißen Haus ausmacht, stammt ­direkt von ihm: niemals einen Fehler zugeben, sondern einfach weiter lügen oder angesichts von Fakten ungerührt und mit viel Verve über ein anderes Thema sprechen. In FBI-Verhören dürfte ihm das allerdings nicht weiterhelfen. Außerdem scheinen sich die Ermittlungen gegen ihn nicht nur auf den Fall Wikileaks zu beziehen. Wie der ­Rolling Stone am Montag meldete, wurde ein Satz in der Anklageschrift in der Berichterstattung weitgehend übersehen. Darin steht, es gebe noch einen ähnlichen, möglicherweise ­verbundenen Fall, in dem gegen Stone ermittelt wird. Welcher das ist, ist nicht bekannt.